Di 26. November 2002
21:00
Werner Pirchner oder „was wir über das leben nach dem tode wissen“

Wolfgang Puschnig „3 & 4“ - ein instrumentaler Viergesang für Werner Pirchner

Wolfgang Puschnig: saxophone, flute
Klaus Dickbauer: reeds
Herbert Joos: trumpet, fluegelhorn
Michel Godard: tuba

„Werner Pirchner war eine singuläre Erscheinung, man kann ihn weder dem einen noch dem anderen Lager wirklich zuordnen. Ich denke zudem, dass er in der Volksmusik stark verwurzelt war, bei ihm ist viel von dort her gekommen. Für mich war er ein gutes Beispiel dafür, wie aus einer Tradition heraus plötzlich ein ganz neuer Ausdruck entstehen kann.
Ich habe Werner sehr, sehr lange gekannt, schon bevor er zum ’Vienna Art Orchestra’ kam. Später sind wir uns immer wieder über den Weg gelaufen. Bis eineinhalb Jahre vor seinem Tod, als er plötzlich wieder einmal bei mir in Kärnten aufgetaucht ist. Wir haben einen Spaziergang gemacht, er hat mir erzählt, er sei gerade dabei, seine Oper fertig zu schreiben. Und er hat mir daraus eine Arie vorgesungen, die den Titel hatte: ’Wem Du’s heute kannst besorgen, dem besorge es auch morgen.’“
Ein Volkslieder-Projekt von Wolfgang Puschnig als Hommage an Werner Pirchner, das macht zweifellos Sinn. Nicht nur durch die menschliche und ideelle Verbundenheit der beiden, die eine musikantische Grundhaltung ebenso einschloss wie existenzialistischen Humor und das Streben nach Klarheit, Essenz in der musikalischen Aussage. Auch die fehlende Berührungsangst zu gewachsenen Traditionen der eigenen Heimat eignet beiden als Charaktereigenschaft, obgleich diese stets mit kritischer Distanz gegenüber damit verbundenen ideologischen Konnotationen gepaart war. (...)
Was den Saxophonisten an vielfach belächelten Liedern wie „In die Berg bin i gern“, „Der Wildschütz“ oder auch Heinrich Isaaks „Innsbruck, ich muss dich lassen“ reizt, ist „der Punkt, an dem sich das Material mit meinem innersten Denken in der Musik deckt. Ich glaube, dass Volkslieder eine Art von kollektiver Fokussierung darstellen. Inhaltlich wie musikalisch. Und wenn es da Sachen gibt, die vor Jahrhunderten entstanden sind, und die mich heute irgendwo berühren können, dann heißt das für mich, dass da noch etwas unter dem liegt, von dem man bloß sagt: ’Das ist halt ein altes Volkslied.’“
Durch dissonante Reharmonisierungen, Hinzufügung riffartiger kontrapunktischer Linien oder raffinierte Klangfarben-Mixturen unterzieht Wolfgang Puschnig das altbekannte Liedgut einem akustischen Lifting, ohne es herablassend zu persiflieren oder zu dekonstruieren. Puschnig ist nicht zufällig ein Musiker, dem emotionale Scheuklappen nicht nur nach außen, sondern gleichsam auch nach innen fremd sind. Werner Pirchner hätte wohl zufrieden lächelnd genickt. (Andreas Felber)

Generalpass für Werner Pirchner oder „was wir über das leben nach dem tode wissen“: 40.- €
Mit Unterstützung von Kunst gegen Gewalt