Ryan Carniaux: trumpet
John-Dennis Renken: trumpet
Martin Ohrwalder: trumpet
Nikolaus Neuser: trumpet
Gerhard Gschlößl: trombone
Thomas Heitzmann: trombone
Mike Rafalczyk: trombone
Peter Cazzanelli: bass trombone
Nicola Fazzini: alto saxophone
Gerd Dudek: tenor saxophone
Helga Plankensteiner: baritone saxophone
Michel Lösch: piano
Igor Spallati: double bass
Bernd Oezsevim: drums
Wolfgang Schmidtke: musical director, bass clarinet, soprano saxophone
Thelonious Sphere Monk, 1917 in North Carolina geboren, zählt zu den unkonventionellsten Musikern, die der Jazz hervorgebracht hat. In den 40er-Jahren hob der US-amerikanische Pianist und Komponist die Jazzmusik in neue Bahnen – Bebop und Modern Jazz waren geboren. Monk war nicht nur ein eigenwilliger Musiker sondern auch ein kauziger Mensch: Bei Konzerten tanzte er auch mal ums Klavier oder kroch darunter, zugleich war für ihn »die Stille der schrillste Ton«. Zum 100. Geburtstag versetzt sich das Wolfgang Schmidtke Orchestra mit »Monks Mood« in die Stimmung dieses legendären Musikers und seiner Zeit.
Der Glücksfall eines bunten Haufens | Wolfgang Schmidtke Orchestra spielt Monk
Es gibt Jazz-Freunde, die bei Big Band-Musik eher an (zu) geleckte Arrangements, an (zu) homogene Tonbildung, an (zu) gefällige Tanz- und Unterhaltungsmusik denken, denen die Großformation zu wenig Raum lässt für das, was den Wesenskern von Jazz ausmacht: individuellen musikalischen Ausdruck, einen eigenen, klar identifizierbaren Ton. Natürlich gibt es Jazz-Bands, die auch dies zulassen, deren "Markenkern" genau diese Individualität der einzelnen Musiker ist, denkt man an die Formationen von Duke Ellington, Charles Mingus und an den Musiker und Komponisten mit der wohl stärksten individuellen Ausprägung, an Thelonious Monk.
Zum Anlass von Monks 100. Geburtstag formierte der in Wuppertal lebende und dort am Fachbereich der Musikhochschule Köln Saxophon und Jazzimprovisation lehrende Wolfgang Schmidtke ein 15-köpfiges Orchestra, um sich mit diesen MusikerInnen aus NRW, Berlin und Italien dem Jazzgiganten zu widmen. Mit einem Monk-Programm setzte das Wolfgang Schmidtke Orchestra im Mitternachtskonzert beim an Höhepunkten nicht gerade armen RuhrJazzFestival in Bochum unlängst ein markantes Zeichen, jetzt ist dieselbe Formation mit ihrer musikalischen Verbeugung vor dem Jazzgenie auf dem gerade erschienenen Album Monk! zu hören. Und der im letzten Jahr im Maschinenhaus Berlin aufgenommene Live-Mitschnitt hat es in sich!
Ausnahmslos hochkarätige Musiker bilden das Orchestra: Gerd Dudek (ss, ts), die Bariton-Saxophonistin Helga Plankensteiner, wie der Pianist Michel Lösch aus Bozen kommend, der italienische Saxophonist Nicola Fazzini (as) und Peter Cazzanelli (b-trb), aus Berlin Igor Spallati (b), Bernd Oezsevim (dr), Nikolaus Neuser (tr) und der Posaunist Gerhard Gschlößl, Martin Ohrwalder (tr) aus Österreich, der in unserer Region bestens bekannte Trompeter John-Dennis Renken, der Kölner Posaunist Thorsten Heitzmann und der Wuppertaler Mike Rafalczyk ebenfalls an der Posaune, und Ryan Carniaux (tr,flh), der aktuell an der Folkwang Hochschule in Essen unterrichtet. Natürlich spielen die einzelnen Musiker in unterschiedlichen Formationen zusammen, man kennt sich, man schätzt sich. Trotz der bei dieser Konstellation sicherlich nicht einfachen Logistik kommt man hochprofessionell mit wenig Proben aus und lässt vom ersten Takt an erkennen, dass „die Chemie“ aller Orchester-Mitglieder stimmt.
Das Album beginnt mit Friday the 13th: Aus einem an Weill’scher Musik erinnernden „Vorspiel“ entwickelt sich das Monk-Thema. In den sechs Minuten (!) blasen Ryan Carniaux, Gerd Dudek, Thorsten Heitzmann, Helga Plankensteiner, der Band-Leader an der Bass-Klarinette ein jeweils ausdrucksstarkes Solo, das bluesige Posaunen-Solo von Mike Rafalczyk am Ende des Reigens leitet über zu dem Thema, das das Klavier anstimmt und damit die Brücke zum Tutti schlägt. Anzahl und Qualität der Soli verweisen auf den Charakter dieser Formation: Es handelt sich um eine Band von Musikern mit dem Ziel, mit je eigenem Ausdruck, Ton und Stil zusammen zu musizieren, ohne die eigenen Kanten einem Gruppensound zu opfern und diesem Sinne glattzupolieren. Oder – die mögliche Kehrseite: die Mitspieler für das eigene solistische Feuerwerk „an die Wand“ zu spielen. Wie etwa in Epistrophy gibt es eine ostinate Struktur mit dem bekannten Thema, das von der gesamten Großformation exakt gespielt wird, um wiederum Raum für Soli für Wolfang Schmidtke, Martin Ohrwalder und Bernd Oezsevim zu schaffen. Oder schnelle Bläserläufe in Skippy unterstützen die Soli von Michael Lösch und Gerhard Geschlößl. Ein raffiniertes Arrangement von In Walked Bud lässt das Orchestra frisch-frech-fetzig aufspielen, neben Nikolaus Neuser demonstriert Helga Plankensteiner auch in diesem furiosen Solo, wie behände und virtuos sie mit ihrem Tieftöner umzugehen weiß. Und der großartige Grandseigneur des europäischen Jazz, Gerd Dudek, erweist sich in mehreren Soli, vor allem in Monk’s Mood als kraft- und phantasievoll agierender Jazzer, dem man seine fast 80 Jahre in keiner Weise anhört.
Die Arrangements der acht Monk-Titel - Pannonica, Thelonious und Introspection sind noch zu nennen – stammen sämtlich von Wolfgang Schmidtke, sie lassen neben ihrer handwerklichen Perfektion eine innige Liebe zu dem Monk’schen Klangkosmos und ein großes Gespür für „seinen bunten Haufen“ von Mitmusikern erkennen – ein wahrer Glücksfall einer Großformation, ein eben solcher für das ehrende Erinnern an Thelonious Monk. Monk! gehört sicherlich zu den gelungenen Reverenz-Alben etwa im Rang von Alexander von Schlippenbachs legendärer Live-Einspielung Monk’s Casino. (Heinrich Brinkmöller-Becker)