Do 30. Mai 2019
20:30

Sarah Jane Morris w/ Tony Remy, Marcus Bonfanti & Henry Thomas (GB)

Sarah Jane Morris: vocals
Tony Remy: guitar
Marcus Bonfanti: guitar
Henry Thomas: bass

Sarah Jane Morris entzückte mit viel Drama im Porgy & Bess.

Einst sang sie sich mit den Communards in die Hitparaden. Man schrieb das Jahr 1985, vital pumpende, milchig interpretierte Discohymnen hatten Saison. Selbst in den USA. Sarah Jane Morris nützte die mediale Aufmerksamkeit und leistete sich jede vorstellbare modische Torheit, von zweifärbigen Hosenträgern bis zur Vogelnestfrisur.

Die Kunst, sich stilvoll zu kleiden, beherrscht die sympathische Sängerin bis heute nicht. Im Porgy & Bess tänzelte sie in einer Art Kartoffelsack mit Leopardenfellpumps über die Bühne. Ästhetik ist ihr ausschließlich in der Musik wichtig. Da hat sich die Fünfzigjährige enorm weiterentwickelt. Ihr Repertoire umfasst unterschiedlichste Spielarten des Pop, Jazz und Soul. Während die Fans gerne von ihrer Vieroktavenstimme schwärmen, zog es die resche Britin bei ihrem Wiener Auftritt vor, lustvoll in den tieferen Lagen zu grundeln. Im intimen Setting, begleitet nur vom formidablen Sting-Gitarristen Dominic Miller, startete sie mit einer eindringlichen Version von Damien Rices „Blower's Daughter“.

Kalte Abschiede
Morris' Stimme zeichnet sich durch Flexibilität aus – und durch die charakteristische raue Patina, mit der sie besonders ihre neuesten, auf dem nächsten Album „Where It Hurts“ versammelten Psychodramen liebkoste. Sie erzählt nicht nur von „cold goodbyes“, sondern lebt sie in der Manier einer Method-Actress aus der Lee-Strasberg-School aus, mit viel Drama in Mimik und Kehlkopf. So ansprechend ihre neuen eigenen Songs auch textlich sind, es enttäuschte, dass sie musikalisch so heftig mit dem Mainstream flirtet.

Mutiger war sie in den bedachtsam ausgesuchten Coverversionen, die sie mit wundervoll belegter Stimme sang. Ob Jimi Hendrix' „Little Wing“, Stings „Fragile“ oder Bob Dylans „Just Like A Woman“, diese Frau kann auch beinahe zu Tode interpretierten Songs aufregend neue Aspekte abgewinnen. Das bewies sie auch bei den Philly-Soul-Evergreens „Me And Mrs. Jones“ und „Don't Leave Me This Way“. Absolutes Highlight war indes eine auf kleiner Flamme köchelnde, aber ungemein intensive Adaption von John Martyns „I Don't Wanna Know About Evil“. (Samir H. Köck, "Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2009)