Die Melodien, die sich aus der Stille saugen lassen, fliegen den beiden Herren quasi von alleine zu. Avantgarde-Veteran Chico Freeman, ein ausgemachter und leidenschaftlicher Improvisator, und der Schweizer Edelbassist Heiri Känzig, ein Mann der starken Grooves und eines ausgeprägten Faibles für das Melodische, treten hier mit ihrer introspektiven Gangart als Anwälte einer musikalischen Doktrin auf, wonach weniger meistens mehr ist. Viel Luft und intime Interaktion erfüllen den musikalischen Raum.
Freeman, der aus dem einst so stürmischen und bahnbrechenden Musikerkollektiv AACM in Chicago hervorgegangen ist und an der Seite von Leuten wie Jack DeJohnette, Elvin Jones und seines Vaters Von Freeman zum Kult-Saxophonisten der 1980er-Jahre avancierte, ist heute mehr der Mann der sanften und ausgefüllten Töne, ein Mann, der aus seinem Tenorsaxophon auch Seifenblasen pusten und so gefühlvoll spielen kann, dass man bei Regen noch eine Träne fallen hört. „To Hear a Tear Drop in the Rain“, lautet denn auch einer seiner Titel auf der Duo-CD „The Arrival“, die das kongeniale Gespann im Gepäck hat.
Meister Känzig, bekannt geworden unter anderem im Quartett von Art Farmer oder an der Seite von Charlie Mariano und Kenny Wheeler, ist einer der komplettesten europäischen Bassisten, einer, der sein Instrument auch schon einmal singen lassen kann.
Chico Freeman und Heiri Känzig setzen durchwegs auch auf musikalische Ökonomie. Ein Credo an das Understatement, vorgetragen von einem Duo, in dem die Frage nach Avantgarde und Tradition aufgehoben ist. (Jazzfestival Leibnitz, 2016)
http://chicofreeman.com/
http://www.heirikaenzig.com/