Georg Graewe & Sonic Fiction Orchestra feat. Dieb13 (D/A/I/AUS)
Georg Graewe: piano
Frank Gratkowski: clarinets
Maria Gstättner: bassoon
Sebi Tramontana: trombone
Sara Kowal: harp
Martin Siewert: guitar
Joanna Lewis: violin
Melissa Coleman: cello
Peter Herbert: bass
Wolfgang Reisinger: drums
special guest: Dieb13: turntables
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Für jede Präsentationphase seines Stageband-Projektes schichtet Georg Graewe die Basispartitur um. Mit genau jenem Feinsinn für Dramaturgie und Überraschungsmomente lässt er aufs Neue vorgefertigte Klangbausteine mit Momentkreationen in ergebenster Weise harmonieren. Kein unfreiwilliger Bruch, keine Verirrung in der Kommunikation, keine vordergründige Klanggebärde besetzten je Graewes Konzeption, noch die Umsetzung/Freiverwaltung des Ensembles. Von Selbstverständnis dabei, der kreativitätkitzelnde Synergismus der Tugenden der neuzeitlichen, europäischen Musiktradition und dem modernistischen Jazzkanon. Ein Elementarfokus im Schaffen des Pianisten, der mit bejahender Tatkraft an der Ausdifferenzierung seiner außergewöhnlich individuellen, musikentwicklungsgewichtigen Klangsprache als Instrumentalist wie Komponist feilt. Unter anderem bereitet er einen Ereignisablauf mit einem unbegleiteten Piano-Solo vor, tauchte es in abstrakt gedachten, unprätentiösen Lyrismus, durchflutet von harmonischen Kühnheiten. Nachfolgende Spannungserhöhungen befördert Graewe mit aus dem Ensemblekontext herausgelösten Kleingruppen, die zumeist aus den Vorereignissen ihre intuitiv improvisierten Empfindungen artikulierten. Dazwischen immer Auflösungen oder Komprimierungen im Großformat. Auf Basis dieser Wechselwirkungen formte Graewe ein geschlossenes Kollektiv. Er kann die Musik zusammenballen oder auseinanderfließen lassen ohne sie der Intensität zu berauben. Warum sollte es dann plötzlich nicht ebenso in ellingtonscher Geschmeidigkeit und Eleganz swingen? Das tut es, hinreißend. Graewe ist zu einem musikalischen Modell gelangt, bei dem sich die Nachfrage betreffend komponierten und improvisierten Abschnitten nicht stellt. Wie merkte Pierre Boulez einmal an: „Zwischen Spontanem und Gelehrtem besteht von Natur aus kein Unterschied….der Impuls kann die Reflexion ebenso anstacheln wie das Kalkül die Geste beleben kann.“ Und Graewe erfindet in dieser Modalität. Bleibt noch festzuhalten, dass er mit seinem Sonic Fiction Orchestra das derzeit inhaltlich relevanteste großformatige Konzept entworfen hat und zum engsten Kreis wegweisender, zeitgenössischer Jazzkomponisten zu zählen ist. Besser kann man sich nicht empfehlen. Brisante Hörstation. (Hannes Schweiger)