Sophie Auster: vocals
Philip Sindy: horn
Mickael Kammers: keyboards
Alex Binder: guitar
Erez Frank: bass
Chris Farr: drums
Sie singt von starken Frauen
Bis sie zur Muse eines großen Modehauses erkoren wird, singt sie noch: Sophie Auster, die Tochter Paul Austers und Siri Hustvedts, lebt sich in der Musik aus. Alles andere ist eine Frage der Zeit.
Die Probe beginnt verspätet an diesem kalten Novemberabend. Sophie Auster, eine zierliche Frau in goldenem Brokat-Anzug, läuft vor ihrem Konzert nervös zwischen Bühne und Backstage hin und her. Es ist ihr erstes Konzert in Deutschland und das letzte auf ihrer kleinen Europa-Tour für ihr drittes Album „Dogs and Men“, das im Juli erschienen ist.
Wir setzen uns an den Kamin im Vorraum, sie friert und wirkt noch etwas zerstreut. Sieben Auftritte hat sie in den vergangenen zwei Wochen gehabt, auch in Paris, nur wenige Tage nach den Anschlägen. „Es war seltsam, direkt nach den Attentaten dort zu sein. Viele haben sich bei mir bedankt, dass ich das Konzert nicht abgesagt habe. Andere amerikanische Musiker sind gleich abgereist. Aber so bin ich nicht. Wenn so etwas passiert, sehe ich meine Verantwortung darin, nicht verängstigt zu sein und normal weiterzuleben“, sagt die Sängerin und Liedermacherin, die mit ihren dunklen Augen und zerzausten Haaren an die junge Charlotte Gainsbourg erinnert.
In Paris hat sie im „Silencio“ gespielt, David Lynchs surrealem Privatclub. Hier in Berlin singt sie in der Kantine am Berghain. Coole, kantige Orte. Doch so richtig passt sie nicht zu dieser Coolness – zu aufgeräumt wirkt sie, zu höflich, zu schön und schon zu bekannt. Sophie Auster wurde in die intellektuelle Prominenz New Yorks hineingeboren. Ihr Vater Paul Auster und ihre Mutter Siri Hustvedt sind Stars der amerikanischen Literaturszene. Sie selbst ist mittlerweile eine Stilikone amerikanischer Hochglanzmagazine. Bis sie zur Muse eines großen Modehauses erkoren wird, ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit.
Mit elf Jahren spielte sie neben Willem Dafoe und Mira Sorvino in „Lulu on the Bridge“, einem Film ihres Vaters. Mit 18 veröffentlichte sie ihr erstes Album, das unpassend „Sophie Auster“ hieß und passend von einem Label namens Naive Records verlegt wurde – so weit entfernt von sich selbst wie damals wird sie wohl nie wieder sein.
Das Album, erzählt sie, sei ganz zufällig entstanden. Die Band One Ring Zero war für ein Projekt bei ihrem Vater zu Besuch, sie kamen ins Gespräch und beschlossen, etwas zusammen zu machen. „Das war das erste Mal, dass ich in einem Tonstudio vor einem Mikro gesungen habe. Aber ich war 16, noch in der Schule und hatte nicht die Zeit, Lieder zu schreiben. Dann hatten wir die Idee, Lieder aus Gedichten zu machen. Zu der Zeit habe ich vor allem surrealistische Poesie gelesen. Mein Vater kam zu mir und gab mir seine Übersetzungen französischer Dichter, die er gemacht hatte, als er in meinem Alter war.“
Und so sang Sophie Auster ihre ersten Lieder in einer biographischen Parallele mit den Worten ihres Vaters. Bis es ihre eigenen wurden, vergingen sieben Jahre und ein Studium am Sarah Lawrence College. „Als ich jünger war, wollte ich eine starke Frau sein, habe das aber nicht verkörpert. Ich wollte von allen gemocht werden und habe mich manchmal gefragt, warum mich niemand mag“, sagt sie. „Mittlerweile mache ich mir weniger Gedanken darüber, was andere von mir halten, und komme besser mit meinem Leben zurecht.“
Sophie Auster ist in einem großzügigen Sandsteinhaus in Brooklyn aufgewachsen. Ihr Vater riet ihr, so viel zu schreiben, wie sie kann. Ihre Mutter – „die schlaueste und stärkste Frau, der ich je begegnet bin“ – hat ihr beigebracht, an sich zu glauben und zu sich selbst zu stehen. Während ihre Kommilitonen sich noch Zimmer in Studentenwohnheimen teilten, haben ihre Eltern ihr eine Wohnung in Manhattan gekauft und nach dem Studium Zeit gegeben, an ihren Liedern zu arbeiten. Bei ihrem ersten Konzert in Paris waren Mutter und Vater dabei. Wenn sie von ihnen spricht, ist Paul Auster einfach nur Papa und Siri Hustvedt nichts anderes als Mama. Die Sicherheit und Freiheit, die ihre Eltern ihr mitgegeben haben, merkt man ihr an. Mit ihren 28 Jahren wirkt sie noch immer wie ein behütetes, geliebtes Mädchen.
Sie hat es nicht nötig zu beeindrucken, sie nimmt sich Zeit und probiert sich aus, auch weil sie weiß, dass sie noch nicht an ihrem Ziel ist. Das merkt man auch ihrer Musik an. Auf ihrem dritten Album singt sie in tiefen Stimmlagen zu Gitarren-Bässen über Männer und Träume und bedient sich dabei verschiedenster Genres. Sie brilliert mit säuselnden Balladen wie „Little Bird“ oder „Leave Me Strange“, frechere Auftritte wie in „Bad Manners“ nimmt man ihr weniger ab, aber vielleicht geht es genau darum. „Musik ist der Ort, an dem ich mich ausleben und jemand anderes sein kann. Ich wollte mich bei diesem Album nicht einschränken und habe mir erlaubt zu experimentieren.“
Das nächste Album soll einheitlicher werden. Es soll Geschichten über Frauen erzählen, boshafte Frauen, die sich in Gassen verstecken und herauskommen, um einen zu erschießen, verrät sie. Und scheint sich in Rollen zu imaginieren, die nicht sie sind: „Meine Lieder sind feministisch, und das spiegelt sich auch in meinem ganzen Stil. Als Künstlerin habe ich eine persönliche Ästhetik in meinen Liedern und auf der Bühne entwickelt, die sehr burschikos und androgyn und gleichzeitig feminin ist, denn es geht um starke, dominante Frauenperspektiven.“
Ein wenig merkwürdig klingt das aus ihrem Mund, weil gerade sie immer so privilegiert war, dass sie nie kämpfen musste. Als sie auf der Bühne in diesem intimen Konzertsaal steht, bewegt sie sich ein wenig unbeholfen, aber in ihrer Stimme liegt eine unerwartete Stärke. (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
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