Pianist Joey Calderazzo ist es egal, wie viele Zuschauer ihm gegenüber sitzen, wie häufig er auf die Bühne muss, ob er ausgeruht ist oder müde. Sobald er die Tasten berührt, geht es ihm nur noch um Musik auf hohem Niveau. „Und wenn ich mich halb tot fühle, werde ich spielen, bis es mich umbringt,“ sagte der Musiker einmal dem Online-Magazin „All About Jazz“.
Der Jazzer hat viele Jahre hauptsächlich in Quartett-Formationen gespielt. Bandleader wie Michael Brecker und Branford Marsalis haben in ihm einen verlässlichen Mitstreiter gesucht und gefunden. Parallel dazu gründete der US-Amerikaner vor einigen Jahren ein eigenes klassisches Trio mit Orlando de Fleming am Bass und Schlagzeuger Adam Cruz. Heute erfüllt den 50-Jährigen genau diese große Leidenschaft.
Sein neues Album „Going Home“ (Sunnyside/Harmonia Mundi), das er mit de Fleming, Cruz und Gaststar Branford Marsalis am Tenorsaxophon eingespielt hat, ist für Calderazzo eine wichtige Momentaufnahme. Er sieht darin ein Experiment. Kann diese Musik in Triobesetzung funktionieren und faszinieren? Ja, sie kann. Die neun Songs (sieben Calderazzo-Kompositionen und zwei Standards) sind interessant, die Melodien offen, die Improvisationen elegant.
Der auf Zwölftonmusik basierende Opener „Manifold“ spiegelt glühende Intensität wieder. Aus dem Simons & Marks-Standard „All Of Me“ macht das Trio eine explorative Nummer mit 6/8 Rhythmus über einem 4/4 Takt. „Stars Fell on Alabama“ (Perkins & Parish) ist balladesk und inhaltlich gut zu fassen. „Legend“ baut sich zur vollen Jazz-Funk-Nummer auf und „One Way“ erinnert ein bisschen an New Orleans.
Branford Marsalis spielt auf dem Tenorsaxophon „I Never Knew“, ein langsamer Jazzwaltz mit unglaublich sanfter Dynamik. „Mike's Song“ ist ein Stück, das Calderazzo seinem anderen ehemaligen Bandleader, dem im Jahr 2007 verstorbenen Michael Brecker, gewidmet hat. Und mit „Going Home“ schließt die Aufnahme mit einem weiteren Stück zum Gedenken an einen Menschen ab, der viel zu früh gestorben ist. (Focus online, 2015)
Geradezu legendär war sein letzter Auftritt im P&B im November 2016 als er anstelle einer zweiten Zugabe dem enthusiastischen Publikum erklärte, wie wichtig ein gutes Klavier für einen Pianisten sei und eine Viertelstunde seinen diesbezüglichen Gedanken freien Lauf liess und auch am Piano demonstrierte, was er meinte. Unseren Fazioli-Flügel wollte er gleich mitnehmen, was wir als Auszeichnung betrachten. Welcome back! CH
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https://www.derstandard.at/story/2000107074296/joey-calderazzo-einsam-im-porgy-bess