James Carters Saxofongenie blendete im Porgy & Bess.
Ohne zu übertreiben, kann man sagen, dass er der vollkommenste Jazzsaxofonist der Gegenwart ist. James Carter ist nicht nur ein überbordender Solist auf Sopran-, Alt- und Tenorsaxofon und etlichen anderen Holzblasinstrumenten, sondern ein Vermittler von Moderne und Tradition wie kein anderer. Trotz seiner Gaben nimmt der 45Jahre alte, raue Virtuose erstaunlich wenig Alben auf. Dafür arbeiten diese in ihm weiter. Auf seiner Orgeltrio-Tournee präsentierte er im Porgy & Bess unter dem Titel „Django Unchained“ den aktuellen Stand seiner ganz persönlichen Django-Reinhardt-Studien.
Bereits der Opener „Minor Swing“ wies ekstatische Hitzen auf. Die Basslinie des Orglers bockte hinreißend, Carter ließ sein Sopransaxofon erstmals glühen. Zu den Merkmalen seines exzentrischen Spiels zählt ja, dass er nicht nur äußerst frisch klingende Tonfolgen produziert, sondern diese auch mit Worten, zuweilen bloß mit Grunzern, kommentiert.
„Manoir de mes rêves“ interpretierte er so aufreizend schwülstig, als wäre es ein Striptease-Klassiker. Da schlugen förmlich die Funken zwischen batzweichen Melodien und unvermittelt angesetzten, schroffen Ausbrüchen. In Erweiterung des ursprünglichen Repertoires verzärtelte Carter auch „Mirrors“, eine als klassisch geltende Komposition von Django Reinhardts Sohn Babik, die er kühn mit einem Cannonball-Adderley-Riff schmückte. Vollends funky wurde es, als das famose Trio Bill Withers Soulklassiker „Use Me“ in die Mangel nahm. Derart giftig hat man dieses 1981 auch von Grace Jones auf cool gecoverte Stück noch nie gehört.
„Watch My Reeds Fly“ gebot Carter zu Beginn. Und so war's dann auch. Bleibt die Frage: Hat jemals jemand besser gespielt als er? (Samir H. Köck, 29. Mai 2014)