Verschoben !
Nils Wogram: trombone
Hayden Chisholm: alto saxophone
Matt Penman: bass
Jochen Rückert: drums
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Nils Wograms seit fast 20 Jahren bestehende Working Band „Root 70” bringt mit ihm an der Posaune, Hayden Chisholm am Altsaxophon, Matt Penman am Bass und Jochen Rückert am Schlagzeug vier Musiker zusammen, die alle bereits in jungen Jahren (Jahrgang 72-76) als neue Stimme auf ihren Instrumenten galten und seither mit viel Erfolg ihre eigenen Bands leiten. Ursprünglich aus Neuseeland und Deutschland, leben die vier mittlerweile in unterschiedlichen Teilen der Welt (Zürich, New York, Köln, Belgrad) und kommen regelmäßig zusammen um gemeinsam ausgehend vom Jazz als Grundlage über den Tellerrand hinauszuschauen und Einflüsse aus Volksmusik und aktuellen Musikströmungen zu verarbeiten. In den acht veröffentlichten Alben gelingt es Root 70 immer wieder sich neu zu erfinden ohne die Essenz ihres Zusammenspiels zu verlieren. Im Laufe der Jahre hat die Band so einen unverwechselbaren Bandsound und eine eigene Sprache entwickelt, die ein rhythmisches Feuerwerk, eine Lebendigkeit und Vielfalt mit sich bringt, wie nur selten zu hören ist. 2020 feiert Root 70 sein 20jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass sind zwei Tourneen geplant, die ein „Best Of“ widerspiegeln und einen Ausblick auf weitere Jahre geben.
Wolf Kampmann ü̈ber das aktuelle Album „Luxury Habits“: Jede Ära fordert ihre eigene Musik. Ein gutes Album muss die Zeit nicht kommentieren, um sie trotzdem reflektieren zu können. Mit „Luxury Habits“ gibt Nils Wograms Band Root 70 unserem Zeitalter präzise den
Soundtrack, den sie braucht. Nils Wogram hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass bei ihm zuerst das Leben kommt und dann die Musik. Ein Füllhorn, von dem seine Musik immer wieder aufs Neue profitiert, was ihm Zulauf weit ü̈ber das Jazzlager hinaus einbringt. Allein, dass er mit seiner Band Root 70 seit nunmehr 19 Jahren in unveränderter Besetzung
zusammenspielt, veranschaulicht, dass ihm das persönlich Menschliche in seinen Projekten mindestens ebenso wichtig ist wie das rein Musikalische. Das neue Album von Root 70 demonstriert einmal mehr, wie gut diese Rechnung, die im Grunde genommen gar keine ist, sondern einfach nur Ausdruck eines gesunden Lebensgefühls, aufgeht. Die Zeiten ändern sich, und mit ihnen die Themen und das Credo eines jeden Kü̈nstlers, sofern seine Antennen
auf Empfang bleiben. Schon die ersten Takte des Openers von „Luxury Habits“ kü̈ndigen eine andere Gangart von Root 70 an. Über der neuen CD könnte das Motto stehen: Schluss mit Lustig. Noch nie klang die Band so ernst. Wobei mit Ernst nicht die konzeptionelle Kopflastigkeit von Teilen des zeitgenössischen Jazz gemeint ist, sondern die Ernsthaftigkeit, mit der ein Anliegen vorgebracht wird, und die Tiefe, mit der die Intentionen von vier Musikern verschmelzen. Dabei lag der Musik auf „Luxury Habits“ nicht einmal ein Konzept
zugrunde. Im Gegenteil, anders als auf den letzten Platten von Root 70 wollte Wogram mal im konzeptfreien Raum das tun, was ein Jazzmusiker am liebsten tut – einfach spielen. Kein Konzept kann in diesem Fall jedoch ein umso stärkeres Konzept sein, oder um es in den Worten von Nils Wogram zu sagen: „Konzepte machen mir Spaß und bringen mir viel. Sie schränken mich aber auch ein. Das ist ja der Sinn von Konzepten. Wenn man längere Zeit konzeptionell gearbeitet hat und sich dann einmal nicht auf ein Konzept fokussieren will, treten viele Dinge zutage, die man gar nicht vorsätzlich als Konzept zusammenfassen würde.“ Es geht dabei nicht um parolenhafte 1:1-Übersetzungen von Themen, mit denen sich Wogram und seine Kompagnons Hayden Chisholm, Matt Penman und Jochen Rueckert beschäftigen. Aber Songtitel wie „Party Anxiety“, „Luxury Habits“, „Rich Kid“, „Flattery Is The Strongest Weapon“, “Starting From Zero” oder “Rehearsing The Future” lesen sich wie subtile Kommentare zurzeit und verraten viel über die Haltung der Musiker. Wogram lässt sich Zeit auf seiner neuen Platte. Viel Zeit. Freilich ist Zeit ein ungeheuer kostbares Gut, und
doch haben die vier Musiker überhaupt keine Eile, wenn es darum geht, die ihnen zur Verfügung stehende Abfolge von ausgedehnten Augenblicken zu genießen und den Hörer an diesem Genuss teilhaben zu lassen. Wenn man keine Zeit mehr hat, dann gehe die Reflexionsebene verloren, meint Wogram, und dann habe man ü̈ber kurz oder lang auch nichts mehr zu sagen. Ernsthaftigkeit ist bei Root 70 ein Synonym für einen sehr bewussten Umgang mit Zeit. Es ist die Antithese zur Messbarkeit in Leistungseinheiten. Hier geht es um nicht weniger als eine Auflösung von Zeit in individuelle variable Gestaltungseinheiten von Leben in all seinen Facetten. Wogram, Chisholm, Penman und Rueckert verbindet die Gabe, sich selbst zu hinterfragen. Individuell und als Band, was in diesem Fall auf einen engen Freundeskreis hinausläuft. „Das Album ist aus einer Dynamik der Band entstanden“, so Wogram. „Wir haben uns intensiv über die Konzepte der letzten Jahre unterhalten und waren uns einig, dass wir wieder mal ein wenig mehr ins Risiko gehen wollten. Wir brauchten eine neue Herausforderung.“
Das kollektive Risiko der präzisen Unschärfe – ein rares Gut in einer beginnenden Epoche, die sich so gern als postfaktisch titulieren lässt. Root 70 lehnen sich weit aus dem Fenster. Antworten haben wir genug. Root 70 sind vier Individualisten, die zu einer untrennbaren Identität verschmelzen und in ihrer Musik einmal mehr die richtigen Fragen stellen. (Pressetext)