Mark Holub: drums
Sharron Fortnam: vocals
Chris Williams, Pete Grogan: alto saxophone
Elliot Galvin: keyboards
Liran Donin: bass
Durch die homerische Beschwörung des ätherischen "Atom Story" wird atemberaubend deutlich, dass das neueste Album des unkategorisierbaren, britischen Ensembles Led Bib, It’s Morning, den Hörer auf eine ungewöhnliche Reise mitnehmen soll. Das breit gefächerte und stimmungsvolle Set ist auch ein Beweis für die grosse Distanz, die die Band auf ihrem eigenen evolutionären Weg zurückgelegt hat.
Led Bib ist seit langem bekannt für das Verschmelzen von explorativer Jazz-Improvisation, der rohen Kraft des Heavy Rock und der Architektur des Prog. It's Morning bewahrt sich einen Sinn für das Abenteuer und die Virtuosität und zeigt gleichzeitig eine Abkehr von früheren Aufnahmen. "Led Bib hat in den letzten 15 Jahren eine identifizierbare Improvisationssprache entwickelt", erklärt Drummer und Bandleader Mark Holub. "Nach all der Zeit haben wir uns gefragt, wie es wohl wäre, diese Sprache auf ganz neues Terrain zu leiten."
Die unmittelbarste Veränderung gegenüber früheren Led Bib Aufnahmen ist die Hinzufügung von Stimmen, die das Vokabular der Band zu wunderschönen, wenn auch komplexen Songformen zusammenfügen. Zur Kernbesetzung der Band (Holub, Bassist Liran Donin, die Saxophonisten Chris Williams und Pete Grogan, sowie der neue Keyboarder Elliot Galvin) gesellen sich zwei talentierte Sänger: Sharron Fortnam, eine Mitbegründerin des North Sea Radio Orchestra, deren berauschender Mezzosopran auch Aufnahmen der bekannten britischen Prog-Punk-Band Cardiacs ziert, und Jack Hues, bekannt als Frontmann der New Wave-Band Wang Chung aus den 80er Jahren. It's Morning, eine imaginative Odyssee, begibt sich auf eine eindringliche Suche über psychedelische Meere. Dieser Eindruck wird bei Live-Auftritten noch verstärkt, wenn die Musik durch einen Film des Filmemachers Dylan Pecora untermalt wird. Pecora hat einen Film gedreht, der sich auf das Album konzentriert, es erforscht und erweitert. Dieser Film wird bei Live-Auftritten von VJ Oli Chilton manipuliert.
"Ich möchte, dass sich unsere Shows wie [Ken Keseys] Acid Tests anfühlen", erklärt Holub. "Ich hoffe, dass die Leute dadurch in andere Welten entführt werden. Die Erfahrung, sich hinzusetzen und eine Stunde lang ruhig und vertieft zu sein, ist etwas sehr Bedeutsames." It's Morning ist eine Reaktion auf die Turbulenzen der heutigen Zeit, vom vorsichtigen Optimismus des Titels bis hin zur Empfindung der Musik. Holub bezeichnet das Set tatsächlich als "Protestmusik" - nicht, dass es einen Text gibt, der sich direkt mit der Tagespolitik auseinandersetzt, sondern in dem Sinne, dass die Band immer wieder gegen die Strömungen des Mainstreams schwimmt.
Rückblickend findet Holub die Wurzeln von It's Morning in Bands wie Pink Floyd und The Grateful Dead, dessen Musik er intensiv gehört hat. Es gibt nichts auf dem Album, was direkt an die Arbeit von Jerry Garcia oder Syd Barrett erinnert. Was Holub von diesen Bands gelernt hat, ist eher ein Gefühl für das, was er unwillig Authentizität nennt, die Idee, den eigenen Instinkten zu folgen, so weit sie auch führen mögen. So einheitlich und fließend die Endergebnisse auch klingen mögen, It's Morning wurde mit so viel Spontaneität und impulsiver Erfindung von Led Bib geschaffen, wie alles andere auch. Immer bedacht auf den Richtungswechsel, entstand der Sound des neuen Albums ganz organisch im Studio aus dem Material, das zwischen dem Großteil der Band in England und Holub in seiner Wahlheimat Wien hin und her geschickt worden war. Hinzu kommt die Ergänzung durch Galvin, der einsprang, als der reguläre Led Bib-Pianist Toby McLaren gezwungen war, sich aus den Sessions zuü̈ckzuziehen.
Das mystische "Atom Story" führt in den verzerrten urbanen Groove von "Stratford East", wobei Hues' Lyrik vergangene Zivilisationen beschwört, die von Betonplatten überspannt werden, wehmütig in Erinnerung gerufen, als die Geige von Irene Kepl die Band in eine Kombination aus Afrobeat-Funk und eigenwilligen Melodien führt, die an Deerhoof erinnern. Das moderne Leben dringt in das kurze Zwischenspiel des Titeltracks ein, mit Fortnams Klage über den allgegenwärtigen digitalen Bildschirm, begleitet von Susanna Gartmayers Bassklarinette. Das mit Abstand längste Stück des Albums, ist das 11-minütige "Fold.“ Der pulsierende Minimalismus von "Cutting Room Floor" begleitet Hues' Anweisungen, den Film rückwärts laufen zu lassen und verleiht der Perspektive eine 180-Grad-Drehung. Der Sinn selbst geht verloren, wenn die beiden Sänger gleichzeitig in Stereo murmeln, welches an den Klassiker "The Murder Mystery" von Velvet Underground erinnert.
Die Intimität einer bewölkten Stadtlandschaft wird in Fortnams introspektivem Text für "To Dry In The Rain" beschworen, der von gedämpfter Kontemplation zu explosiver Intensität aufbaut, bevor er in Galvins elegisches Solo zurückblendet, welches in das Vox Humana Pochen von "O."ü̈bergeht. Das abstrakte Geschrei von "Flood Warning" weicht schließlich den Schlussmomenten von "Set Sail". It's Morning ist eine unerwartete Wendung für die immer unvorhersehbare Band Led Bib. Die Band wurde ursprünglich von dem in New Jersey geborenen Holub im Jahr 2003 für ein Masterprojekt an der Middlesex University gegründet. Das Quintett spielte seinen ersten Auftritt vor zehn Leuten im Hinterzimmer eines Pubs in North London; fünf Jahre später traten sie im Primetime-TV vor Millionen von Menschen auf, nachdem sie für den Mercury Prize nominiert waren. Im Jahr 2011 veröffentlichte die Gruppe Bring Your Own, gefolgt von zwei Veröffentlichungen zur Feier ihres 10-jährigen Jubiläums im Jahr 2014: das Studioalbum The People in Your Neighbourhood und die limitierte Live-Vinyl Edition The Good Egg. 2017 debütierte die Band mit Umbrella Weather auf dem Londoner Label RareNoiseRecords, gefolgt von einem rein digitalen Live-Mitschnitt. (Pressetext)
Schlagzeuger und Komponist Mark Holub gründete Led Bib 2003 im Rahmen eines Universitätsprojekts. Bestehend aus seinen Freunden von der Middlesex-Universität, hatte das Quintett seinen ersten Auftritt am 24. Februar 2004 vor zehn Personen im Hinterzimmer einer Londoner Kneipe. Fünf Jahre später traten sie dank der Nominierung zum Mercury-Prize-Album des Jahres im Fernsehen vor einem Millionenpublikum auf.
Nach Erscheinen ihres ersten Albums im Mai 2005, das von der Kritik gefeiert wurde, gewannen sie im selben Jahr auch den Peter Whittingham Jazz Award. Ihr zweites Album Sizewell Tea, veröffentlicht im Jahr 2007 vom Londoner Kultlabel Babel, generierte mehr Interesse, herausragende Berichterstattung und ausgezeichnete Bewertungen. In der Musikszene entstand eine neue Jazz-Bewegung, die Begeisterung bei den Zuhörern auslöste und neue Zielgruppen erschloss. Einer ihrer Vorreiter war Led Bib. Da sie in ihrem Schaffen auf ein breites Spektrum von Bands wie Beefheart, Zorn, Pink Floyd und Miles Davis zurückgriffen, zogen sie bald ein bunt gemischtes Publikum an: Drum-and-Bass-Fans, Jazz-Liebhaber und Death-Metaller zählten ebenso zu ihren Hörern wie Folk- und Pop-Fans.
Eine Live-CD mit limitierter Auflage erschien im Jahr 2008, und weit verbreitete Anerkennung wurde ihnen durch die Veröffentlichung ihres vierten Albums Sensible Shoes zuteil, das im Rahmen des Barclaycard Mercury Prize als Album des Jahres 2009 ausgewählt wurde. Im Jahr 2011 veröffentlichte die Gruppe Bring Your Own, ihr zweites Album für das US-Label Cuneiform Records. Als herausragender Erfolg gefeiert, erhielt es 4- und 5-Sterne-Bewertungen. Pünktlich zu ihrem 10-jährigen Bestehen in 2014 erschienen zwei neue Alben, die als ihre bislang besten gelten: das Studio-Album The People in Your Neighbourhood und The Good Egg, eine Live-Aufnahme auf LP. 2017 veröffentlicht die Band ihr mit Spannung erwartetes sechstes Studio-Album, das erste beim genre-übergreifenden Londoner Label RareNoiseRecords. Eine Tour durch Europa und Großbritannien ist auch geplant. Werden die nächsten 10 Jahre sie wieder auf eine Reise mit ungeahnten Überraschungen führen? Was auch immer geschieht, spannend wird es allemal.
„Das Londoner Quintett schaffte es mit diesem Album auf die Shortlist des Mercury Prize und zwar zu Recht...Reduktionistischer Funk und träg groovende Basslinien treffen auf eine säkularisierte post-coltraneske Hymnik, wobei die Dramaturgie...noch einmal mit immer wieder überraschenden Manövern aufwartet.” (Der Falter)
In Zusammenarbeit mit Outreach/Schwaz.