Thu Oct. 8, 2020
20:30
Auf Mai 2022 verschoben

Adam Ben Ezra (ISR)

postponed !

Adam Ben Ezra: bass, piano, electronics

Aufgrund der pandemischen Entwicklung in Israel hat sich Ben Ezra entschlossen, seine gesamte Tour zu verschieben. Der genaue Termin wird ehestmöglich bekanntgegeben. Karten behalten ihre Gültigkeit oder können gegen Gutscheine umgetauscht werden. Wir bitten um Verständnis...

Sorry this part has no English translation

Wenn Adam Ben Ezra auf seinem Kontrabass spielt, platzt wohl ab und zu ein Stückchen Lack vom Korpus ab. Kein Wunder: Adam streicht, zupft, schlägt und reißt die Saiten an während er scheinbar gleichzeitig auf dem Holz des Instruments trommelt. Diesen einzigartigen, wilden Sound gibt es auf seinem neuen Album "Hide and Seek" zu hören.

Der Begriff "One-Man-Show" bekommt bei Adam Ben Ezra eine ganz neue Dimension: Beim Spiel auf seinem Kontrabass wechselt er in Höchstgeschwindigkeit zwischen verschiedenen Techniken hin und her, spielt gleichzeitig Rhythmus-, Bass- und Melodielinie. Es entsteht der Eindruck, dass bei seinen Stücken mindestens drei Musiker am Werk sind. Und als ob das nicht reicht: Adam mixt in seinen Kompositionen Musikrichtungen, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, zum Beispiel Jazz, Klezmer und Hip-Hop.

Es ist ein unverwechselbarer, perkussiver Stil, den Adam sich erarbeitet hat. Das sei aber nur möglich, weil er unzählige Instrumente wie Klavier, Gitarre oder Querflöte beherrscht, erzählt er. Einige Spieltechniken anderer Instrumente setzt er auf dem Kontrabass um. Gleich im ersten Track des Albums, "Downtown Blues", strummt Adam zum Beispiel auf dem Kontrabass, wie man es sonst nur vom Akkordspiel auf der Gitarre kennt. Das Stück erinnert sehr an Adams jazzige Anfänge - mit Improvisationen über funkigen Rhythmen.

„Die ursprüngliche Rolle des Kontrabasses ist es, nur zu begleiten. Aber ich sehe es als eine meiner Hauptaufgaben als Musiker, den Kontrabass ins Zentrum zu rücken.“ Alle Facetten des Kontrabasses auszunutzen, ist Adams Weg, den Kontrabass als Soloinstrument zu etablieren. Dass das geht, beweist er auf "Hide and Seek". Keinem der Stücke fehlt es an Instrumenten oder Ebenen: Bass, Melodie, Rhythmus – alles ist da. Braucht Adam doch mal so etwas wie eine E-Gitarre, verzerrt er den Kontrabass einfach elektronisch. So legt er zum Beispiel in "Sunny Shades", dem mitreißenden Abschluss des Albums, ein heißes "E-Gitarren"-Solo hin.

Wenn seine zehn Finger dann tatsächlich irgendwann nicht mehr ausreichen, benutzt Adam ein Loop-Gerät. Und die Parts, die nun wirklich nicht mit dem Kontrabass imitiert werden können, wie Klavier, spielt er selber ein.

Adam ist aber nicht nur Multiinstrumentalist - seine Musik ist auch multikulturell. Die Wurzeln seiner Familie liegen in der Türkei, dem Irak und Jemen. Er selbst wurde Anfang der 80er Jahre in Tel Aviv, Israel, geboren. Dort hat er neben dem Multikulti seiner Familie auch die musikalischen Einflüsse der Migranten aufgesogen.

In dem emotionalen Stück "Tumbada" vereint Adam viele dieser Eindrücke: Er kreiert hier einen Sound, den er selbst als "afro-middeleastern-Melody" bezeichnet. Die sehr arabisch klingenden Melodien unterlegt er zusätzlich noch mit einem Hip-Hop-Beat. Eine auf den ersten Blick wilde Kombination, die im Studio entstanden ist - Adams Produzent Isaac DaBom nimmt normalerweise Hip-Hop auf.

Man könnte nun zu dem Schluss kommen, dass der Mix von Genres, Stilen und kulturellen Einflüssen ein konzeptloses Potpourri ergibt. Aber das Gegenteil ist der Fall. "Hide and Seek" ist sowohl in jedem einzelnen Track als auch im großen Bogen stimmig.

Wer sich beim Hören des Albums nicht vorstellen kann, wie Adam mit seinem Kontrabass eine ganze Band ersetzt, kann sich seine Live Performances auf YouTube anschauen: Alle zehn Finger sind im Dauereinsatz, die Füße werden zum Rhythmus-Instrument, der ganze Körper steht unter Strom; dazu singt Adam auch noch und konzentriert sich gleichzeitig auf die Bedienung seines Loopers – der Schweiß rinnt ihm nur so über die Stirn.
Wer bei dieser Kunst noch ruhig auf seinem Stuhl sitzen kann, ist selber schuld. (Pauline Link, BR-Klassik)