Markus Kupferblum liest Max Hermann-Neiße 'Im Fremden ungewollt zuhaus'
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„Oh, wie wird mich nach der Sonnen frieren, hier bin ich ein Herr, daheim ein Schmarotzer.“ (Albrecht Dürer)
• Markus Kupferblum erkundet anhand von Texten des vergessenen Dichters Max Hermann Neiße das Fremde im Vertrauten
und das Geborgensein im Fremden. Mit stummen Worten, poetischer Kälte und klirrender Wärme, mit Körper, Klang und Geist, an Klangkörpern und mit beredter Stimme, enthüllt und maskiert. Christoph Cech blubbert an zwei Synthesizern. (Pressetext)
Der Spiegel
Vernichtung ließ und Weltenbrand
den Spiegel an den Trümmerwand,
die der Zerstörung widerstand,
in dem sich nun der Mond besieht,
eh ihn die Wolke zu sich zieht
und mit ihm in das Dunkel fliegt.
Fremd hängt den Spiegel, ganz allein,
nichts Eitles blickt in ihn hinein,
bis jäh darin der Widerschein
der frevelhaften Flammenschrift,
wenn wieder Mord die Nacht durchschifft,
mit Gottes Glanz zusammentrifft.
Denn, ist verwüstet auch sein Haus
und gingen alle Lichter aus,
verkroch im Dunst sich Mensch und Maus:
ein Stern tritt aus dem Nebelflor
doch immer wieder hell hervor,
wenn schon das Herz den Mut verlor.
Und schützt uns bis der Morgen glüht
und sich der Tag von neuem müht
und aus Ruinen Frühling blüht
und, wer den Schrecken überstand,
die Zauberkräfte wieder fand
des Spiegels an der Trümmerwand.
„Spieglein, Spieglein, an der Wand,
wann kommt der Friede diesem Land?“
Dies ist Max Hermann Neiße‘s letztes Gedicht.
Er schrieb es nieder am 18. März 1941