Mon Dec. 4, 2023
19:00

Anna Sophia Defant: piano
Bernhard Hadriga: guitar, electronics

Sorry this part has no English translation

søch ist ein Vorhang, der nichts verrät. Er lässt uns innehalten und versperrt den Blick auf das, das hinter ihm schlummert. Nein, die Musik lässt keinen Gedanken zu. Aber søch ist ein Vorhang und ist deshalb tröstlich, weil er dazwischen existieren kann, die Wirklichkeit zeigt, ohne sich ihr direkt aufzusetzen. søch ist schmerzlich realistisch und man weiß, dass die Wirklichkeit so ist. Dass das die Wahrheit ist über viele Dinge, die man liebgewonnen hat.

Und weil man nichts Genaueres sagen kann über das Gefühl, weil man nicht pathetisch in seiner Erklärung werden will, denkt man große Wörter. Man muss pathetisch werden, wenn man sprachlos ist. Deshalb sage ich: Die darstellenden Künste sind ein Spiegel, søch aber ist ein Vorhang.

Es fällt mir schwer zu denken, die Musik läuft konträr zu meinen Gedanken, ist wie eine negative Welle, die alle meine Gedanken zu null macht. Diese Musik ist echter als andere, weil man in der Tiefe seines Herzens fühlt, dass die Wirklichkeit so ist. Sie schreibt nicht vor, drängt sich nicht auf, aber vergrößert jede Regung und einen jeden intellektuellen Gedanken wie gut geschliffenes Glas.

Diese Musik ist echter als andere, weil man sie in der Tiefe seines Herzens kennt und fürchtet. Diese Musik, wer würde sie denn nicht dem Unheimlichen zuordnen, dem Vorhang vor der Kammer des Geheimnisses.

Dazu fällt mir eine Geschichte ein: Vor dem Geheimnis war ein letzter Vorhang. Vorsichtig schoben ihn die Menschen zur Seite, um in der kleinen Kammer einen Blick auf das Geheimnis zu erhaschen. Und niemand verriet, was er darin gesehen hatte. Das war wirklich das Besondere daran! In diesem kleinen Vorraum nun, der durch den Vorhang vom Geheimnis abgetrennt war, war jeder Gegenstand wichtig und heilig — und entkam bereits der Welt, obwohl dieser Raum freilich noch ganz Welt war. Was dachte man in diesem Augenblick? Ein leichtes Wippen mit dem Kopf, ein leeres Starren. Und sobald man sich traute, den schweren Vorhang zur Seite zu schieben, sobald man das Geheimnis erkannte, wurde auch dies Teil der Welt. In diesem kurzen Moment des Vorhang Zurückschiebens aber war man Eins mit allen himmlischen Kräften, nahm Teil am heiligen Kräftemessen. In diesem dunkelroten Vorhang zum Geheimnis, der schwer zu Boden fiel, den die Finger mit Ehrfurcht ertasteten, darin zerfiel alles Irdische, bloß, um sich sofort mächtiger wieder aufzubauen. Und so mancher Wanderer erzählte, der Vorhang wäre das wahre Geheimnis.

søch ist ein Vorhang, der nichts verrät. Er lässt uns innehalten und versperrt uns den Blick auf das Geheimnis, das hinter ihm schlummert. Wir danken dem Vorhang freundlich, weil er uns vor sich stehen lässt und nicht preisgibt, was er von uns trennt. søch kann das für dich tun. (Moritz Klein)