Mon Dec. 8, 2003
20:00

Hayes Greenfield „The Music of Roy Lichtenstein“

Hayes Greenfield: saxophone
Oliver Kent: piano
Uli Langthaler: bass
Christian Salfellner: drums

Sorry this part has no English translation

Es wäre irgendwie nahe liegend gewesen, hätte Roy Lichtenstein irgend etwas mit Rock- und/oder Avantgarde zu tun gehabt. Von wegen Pop-Art-Ikone und so, seine Auseinandersetzung mit Musik in zahlreichen seiner Bilder, und überhaupt: Andy Warhol und Velvet Underground, eh schon wissen. O.k., Roy mochte den frühen Rock`n`Roll, er hing mit Paul McCartney rum, kannte Phillip Glass, LaMonte Young, Graham Nash, Paul Simon; und: er war ein Fan von Steve Reich sowie Laurie Anderson. Roy Lichtensteins wahrer innerer Beat aber, er schlug für den Jazz. Derart nämlich, dass die in Taschen-Buch geschriebene Legende geht, Roy hätte überhaupt seiner Leidenschaft für den Jazz wegen angefangen zu malen: 1938, so steht es jedenfalls in einer, von Janis Hendrickson bei Taschen veröffentlichten Biografie, habe der Künstler begonnen, bei Jazz-Konzerten im legendären "Apollo-Theater" in New York sowie in einigen Clubs der 52sten Strasse Jazzmusiker bei deren Arbeit zu portraitieren. Gesichert überliefert ist davon: nichts! Nicht einmal ein Fitzelchen von Papier. Schön ist die Geschichte trotzdem, und ganz sicher ist aber Roy's Vorliebe für Charlie Parker, John Coltrane, Sonny Rollins, Dexter Gordon, Coleman Hawkins, Stan Gets, Gerry Mulligan, Lester Young, Cannonball Adderly, Ornet Coleman, Eric Dolphy, denen allesamt - sie ahnen es - ein Instrument gemeinsam war: das Saxophon. Roy's Hingabe zum Saxophon ging schließlich so weit, dass er noch im hohen Alter von 70 Jahren begann, das Altsaxophon zu erlernen. Bei Hayes Greenfield nämlich, einem in den USA äusserst bekannten und vielfach ausgezeichneten Jazz-Pädagogen, Musiker und Filmkomponisten. "Roy war ein Naturtalent", erinnert sich Greenfield. "Sein Gehör und sein Feeling haben mir bewiesen, dass man niemals zu alt sein kann, etwas zu tun, von dem man immer geträumt hat. Roy war neugierig und hatte Spaß an der Musik. Er war ein großartiger Musiker. Das einzige, was zwischen diesem Umstand stand, und dem, ein ebenso großartiger Saxophonist zu werden, war die Zeit, der noch hatte." - Roy starb vor fünf Jahren, im September 1997. Jazz-Saxophonist Lichtenstein, diese bisher kaum bekannte Facette in seinem Leben wurde nun in Zusammenhang mit den Vorbereitungen zur größten, je in Österreich gezeigten, Lichtenstein-Retrospektive im BA-CA Kunstforum (zu sehen vom 11.12.2003 bis 07.03.2004) freigelegt; und auch "musikalisch" umgesetzt: Bei Universal Austria erscheint - mit Unterstützung von Hayes Greenfield, der Lichtenstein Foundation New York und mit dem Wohlwollen von Lichtenstein's Witwe Dorothy Lichtenstein - Anfang Dezember eine CD, die sowohl Lichtenstein's Lieblings-Tunes zwischen Billy Holiday und John Coltrane vereint, als auch Roy Lichtenstein selbst liebenswert kurios als Saxophonisten präsentiert. Anlass genug, Hayes Greenfield den Eröffnungsreigen zur Ausstellung samt Veröffentlichung von "The Music of Roy Lichtenstein" gestalten zu lassen. Zumal Mr. Greenfield seit den 1970er Jahren ein aktives Mitglied der New Yorker Jazz-Szene zwischen Blue Note und Knitting Factory ist. Und damit - auch erstmals in Österreich - Porgy-würdig. In unterschiedlichen Projekten arbeitete er mit Musikern wie Rashied Ali, Paul Bley, Barry Altschul, Roy Hargrove und Richie Havens, ehe er sich seit den 1980ern mit eigenen Ensembles u.a. mit Tom Harrell, Jaki Byard oder John Riley bei Tourneen durch die Staaten und Europa einen eigenen Namen zu machen konnte. Als Filmmusiker räumte der Saxmann bisher einige Emmies ab, und als Pädagoge wird er für sein Kinder-Projekt "Jazz-A-Ma-Tazz" von Kollegen wie Herbie Hancock, Joe Lovano oder Dave Liebman über den Klee gelobt (dieses Projekt, eine Idee von Roy Lichtenstein und Hayes Greenfield, findet übrigens für Kinder am 14.12. ab 10.00 Uhr im BA-CA Kunstforum statt). "Stellen sie sich die Kraft von Dolphy, das Feeling von McLean und den Soul von Dexter Gordon vor, dann haben sie eine Idee von Hayes Greenfield" urteilte Jazz a Paris. Mit "The Music of Roy Lichtenstein" wird die Idee um ein I-Tüpfelchen besser. (Wolfgang Lamprecht)