Fri Oct. 15, 2004
20:00

Septeto Roberto J. Rodriguez „The Cuban Jewish Connection“ (Cuba/USA)

Roberto J. Rodriguez: drums, percussion
Meg Okura: violin
Mary Wooten: cello
Jennifer Vincent: bass
Matt Darriau: clarinet
Will Holshouser: accordion
Curtis Hasselbring: trombone

Sorry this part has no English translation

„Ob eine jüdisch-kubanische Musik jemals existierte oder ob Stücke wie „The Shvitz“ pure Imagination eines sehr talentierten Musikers sind, ist völlig egal. Die Fusion funktioniert auf sehr natürliche Weise und ich rate allen, sich darauf einzulassen!“ Der Rezensent der mit Roberto Rodriguez´ erstem Solo-Album „El Danzon de Moises“ seine Kolumne Jewish Jukebox in der texanischen Gazette Jewish Herald-Voice mit einer Hymne von Plattenkritik füllte, war ratlos aber glücklich über die stimmige musikalische Melange, die da anscheinend völlig aus dem Blauen kam.
Nun, blickt man ein wenig zurück, kann man eine längere Tradition des lustvollen Austausches von Melodien und Rhythmen zwischen jüdischen Amerikanern und Kubanern ausmachen. Bereits 1952 reüssierte Eli Basse mit dem selbst komponierten Klezmer-Mambo-Hit „Channa from Havanna“. Kuba war ja damals in der Ära Batista nur wenig mehr als eine Ruderbootfahrt vom Paradiesgarterl Florida entfernt und die dort situierten wohlhabenden Pensionisten schwärmten regelmäßig aus, um für eine Flasche Rum ihre Identität temporär zu wechseln. Hitze, der tropische Appeal und die sexuellen Verheißungen lockten dermaßen, dass sich auch der große Mickey Katz in „Yiddish Mamba“ dieses Themas annahm. In seinem Smash geht es um eine jüdische Großmutter, die sich leidenschaftlich in einen kubanischen Bandleader verliebte: „Her kugel is hot for Xavier Cugat“ feixte Katz. „Sie bäckt nun ihre challahs für Noro Morales...“
Aber die jüdische Latinophilie löste auch Reaktionen in den Barrios aus. Tito Puente coverte Irving Fields, Pupi Campo interpretierte Kompositionen der Barton Brothers und Joe Quijano spielte sogar eine Latin-Version von „Fiddler on the Roof“ ein. Legendär auch die Formation Juan Calle and His Latin Lantzmen, zu der sich Ray Barretto, Willie Rodriguez und Charlie Palmieri mit John Cali, Doc Cheatham und Clark Terry zusammenschlossen und „Hava Nagila“ als Cha Cha Cha spielten. Großes Können, viel Gefühl mit gleichzeitig großer Ironie zeichnete die Latin Lantzmen aus und macht sie so zu einem Vorgänger von Marc Ribot´s Los Cubanos Postizos, denen der Schlagzeuger und Perkussionist Roberto Rodriguez ebenfalls angehört.
Rodriguez, der auch in den Bands von Celia Cruz, Miami Sound Machine, Julio Iglesias, Paul Simon und Joe Jackson tätig war, ist seit Jahren fixer Bestandteil der Knitting-Factory-Szene, wo er mit Downtown-Helden wie John Zorn und Steven Bernstein kollaborierte. Mit „El Danzon de Moises“ strebt er nun erstmals unter eigenem Namen nach Meriten. Anders als die oben genannten Vorgänger einer Fusion von Kuba und Schtettlmusik, gelang es Rodriguez mit seinen exquisiten Mitstreitern, die scheinbar heterogenen Stile Klezmer und Son derart raffiniert zu amalgamieren, dass man sich an manchen Stellen fragt, ob das nun genuin kubanisch oder echt jüdisch ist. Humor, infektiöse Rhythmen und die zielsicher Anwendung einer Quetsche, die ein wenig Tango-Pathos beisteuert, sorgen dafür, dass die tiefe Emotionalität der jüdischen Melodien auch Tanzbeine bekommt. Shalom a Shango! (Samir H. Köck)