Sun Dec. 26, 2004
20:00

Dorretta Carter & The Funkmonsters (GB/A)

Dorretta Carter: vocals
Paul Urbanek: keyboards
Rupert Träxler: guitar
Raphael Preuschl: bass
Christian Ziegelwanger: drums

Sorry this part has no English translation

Dorretta hat mich gebeten, ein paar Zeilen zu verfassen. Keinesfalls zu viele, aber jedenfalls auch nicht zu wenige. Einen Text, der tunlichst all jene Argumente beinhaltet, die jedem Veranstalter, Festivalmanager oder Club-besitzer, der etwas auf sich hält, schlagartig vor Augen führen, wie megaout er sein würde, würde er an Dorretta vorbeibuchen.
Ich darf, so sagt man mir, gerade deswegen nicht Alltägliches verlauten (womit die Chronik der Meilensteine einer Karriere gemeint ist). Also davon berichten, dass Dorretta in London geboren wurde (und schon gar nicht, wann – wiewohl es da ja wirklich rein gar nichts zu verheimlichen gäbe) und dass Dorretta irgendwann begonnen hat, trotz ihrer Rasta-Roots ebenso mit Reinhard Fendrich zusammenzuarbeiten wie mit Friedrich Gulda.
Ich nehme mir also vor, ich tue es nicht. Jawohl, ich werde dies alles verschweigen, weil Credits ohnehin wenig bis nichts aussagen – und weil das ja ohnehin jeder tut (Hat eigentlich schon irgend jemand da draußen solche Angaben jemals auf ihre Relevanz überprüft?). Und weil es eigentlich nichts an der Sache ändert, dass eine Erwähnung all dieser Promis oder von absolvierten hippen Shows und Events, die ein zu schreibendes Curriculum tatsächlich ausmachen würden, Dorretta nicht einmal ansatzweise gerecht werden könnte – schlimmer noch: irreführend wäre. Abgesehen davon: Seien wir doch ehrlich – auf fruchtbaren Boden ist derlei Umtriebigkeit letztendlich noch immer nicht gefallen; sonst müsste Dorretta schon seit Jahren in den internationalen Hitparaden platziert sein. Damit wir uns hier richtig verstehen: Dass dem nicht so ist, liegt nicht an Dorretta, sondern daran, dass ein Land wie unseres Dorretta eigentlich nicht verdient.
Denn das, was Dorretta wirklich tut, wofür sie sich leidenschaftlich interessiert und ihre Talente mit vollem Einsatz aufwendet, was Dorretta schließlich auf der Bühne ausmacht, das hat mit einer dieser Geschichten, die die Adabeis und die Kollegen vom Boulevard hören wollen, wenig gemein. Vor allem: Es geht über das hierzulande übliche salierieske Mittelmaß weit hinaus.
Diese spezielle Geschichte freilich stünde auf einem anderen Blatt. Und sie würde von wunderbarer Musik handeln. Von einer einzigartigen Stimme. Von Soul und Blues und Funk und mitreißender Performance. Von rhythmischem Feuer und satten Sounds, getragen von musikalischer Reife und präzisem Kalkül. Von einer fantastischen Frau mit viel Humor und ihrem professionell beseelten Ernst für Musik.
Dorretta hat mich gebeten - ich erwähnte es schon -, ein paar Zeilen zu verfassen. Es sollte ein bisschen Werbung und ein bisschen Information sein, aber ich glaube, es hat nicht „funktioniert“. Es ist vielmehr ein ... äh ... Liebesbrief geworden. Genau - formuliert als kategorischer Imperativ, ist ja eigentlich das der Punkt: Man muss Dorretta Carter lieben. (Wolfgang Lamprecht)