Mon Jan. 10, 2005
20:00
Step across the border: BULGARIA

Anatoly Vapirov Duo & Quartet

Anatoly Vapirov: reeds
Antoni Donchev: piano
Otto Lechner: accordion
Achim Tang: bass
Stoyan Yankoulov: tupan, percussion

Sorry this part has no English translation

„Der Jazz wird nur weiterexistieren, wenn jeder Jazzmusiker seine eigenen kulturellen Wurzeln - auch die folkloristischen - reflektiert.“ (Anatoly Vapirov)
Freunden der improvisierten Musik ist Anatoly Vapirov vor allem durch seine Wirken in der Jazz-Avantgarde der ehemaligen Sowjetunion ein Begriff. Er war der führende Saxophonist und einer der wichtigsten Komponisten der zeitgenössischen Jazzszene von Leningrad (dem heutigen Petersburg).
Familiäre Gründe - sein Vater ist Bulgare, seine Frau Bulgarin - führten 1985 zur Übersiedlung ins bulgarische Varna. Seit 1992 leitet er dort ein Jazzfestival, das sich mit seinem anspruchsvollen Programm zu einer wichtigen Drehscheibe für Begegnungen von Jazzmusikern aus Ost- und Westeuropa entwickelt hat. „Anfangs lud ich Musiker ein, weil ich selber mit ihnen spielen wollte. Inzwischen aber hat sich daraus eine musikalische Werkstatt entwickelt; ein Laboratorium, in dem sich musikalische Kontakte zwischen Musikern aus Ost und West ergeben.“
Schon früh, noch in der sowjetichen Zeit - 1974 in dem „Bulgarian Rondo“ für Orchester und Saxophon - hat sich Vapirov auf seine bulgarischen Roots bezogen. Und im Gegensatz zu manchen Free-Jazz-Hardlinern hat Vapirov bereits Mitte der siebziger Jahre das gesamte Spektrum von klassischer Musik, Kammermusik, Jazz und Folklore, in sein expressives Spiel einbezogen. Er komponierte ein Concerto für Jazzquartett, Mezzosopran und Chor ebenso wie ein Werk für Baß, Klavier, Saxophon und Streichquartett, das die Musik Alban Bergs reflektiert. Seine grenzgängerische Offenheit schlug sich in Projekten mit Sinfonieorchestern ebenso nieder wie mit sibirischen Folkloreensembles.
„Ich bin älter und vielleicht auch ein bißchen weiser geworden“, erklärt er, „Gute Musik kommt nicht nur aus unbändiger Stärke und Expressivität, sondern auch aus tiefer Auseinandersetzung.“ Zum Schluß unseres Gesprächs frage ich ihn: „Sie fahren in einem Auto und sehen zwei Tramper. Die beiden Tramper sind John Coltrane und Albert Ayler. Sie haben aber nur einen Platz frei. Welchen nehmen sie mit?“ Darauf Vapirov: „Der Platz ist schon besetzt. Seit 1967. Von John Coltrane.“ (Günther Huesmann)