Sun May 15, 2005
21:00

Clemens Gadenstätter „Songbooks“ (A)

Clemens Gadenstätter: Komposition
Gerald Preinfalk: Saxophone
Florian Müller: Klavier
Lukas Schiske: Perkussion
Bodo Hell, Lisa Spalt: Stimme

Sorry this part has no English translation

Programm:
Clemens Gadenstätter: Songbook # 0 – 11
Trio für Saxofon, Klavier, Schlagzeug und elektronische Verstärkung/Verzerrung - 2001/2002
Songbook – open version
Lyrics: Lisa Spalt & Bodo Hell, Music: Preinfalk / Müller / Schiske
Zweimal Songbook, in jeweils „extended versions“ an einem Abend. Also die Versammlung unterschiedlicher Ansätze zum guten alten Song als Ausgangspunkt, Reibefläche und auch Annäherungsgebiet. Zuerst das Trio von Clemens Gadenstätter, Songbook # 0 – 11: Eine Introduktion und zehn Songs, quasi angeordnet wie ein Konzeptalbum zu einem großen Stück von stattlicher Dauer. Darin eben: Work-Song, Love-Song, Rock-Song, eine Ballade, ein Punk-Song und einige mehr. Songs, im Prozess ihrer Entstehung beobachtet, diese Beobachtung zu musikalischen Abläufen gestaltet. Das Ganze respektlos, teilweise rotzig, zeitweise extrem laut, hochvirtuos (Dank an Preinfalk/Müller/Schiske) – Kantables auch, aus der Distanz einer Klangarbeit, die in der Mitte des Klangs versucht, über diesen nachzudenken. Alle diese Songs sind allerdings textlos, was dem Projekt den zweiten Teil ermöglicht: Songtexte im weiteren Sinn von Lisa Spalt und Bodo Hell pro- und reproduziert, von Preinfalk/Müller/Schiske live „vertont“, den lautlichen und rhythmischen Spuren der Texte folgend. Songs, deren rhythmische Texte, in Spalts Fall, dem Gesprochenen als einer Kette von Indizien auflauern, die das Denken der Menschen hinterlässt. Beobachtung des Sprechens, „polymorph-perfide“ (Ch. Zintzen) Spurensuche nach sprachlichen Weisen der sozialer Organisation, Selbsteinordnung, Selbstisolation, Selbstbehauptung… . Vom „Verstehen der Männer der Frauen“ bis zum genderneutralen „Chamälidiom“. Bodo Hells Texte dagegen folgen jeder erdenklichen sprachlichen Weltordnung, decken sie in der Sprache auf: vom Käsereirezept aus der Dachsteinregion zur genauesten Beschreibung traditioneller rumänischer Tierfallen, von alpinen Bergbenennungen zum Formenrepertoire von Breakdancern, auch die Tanzform des Zwiefachen manifestiert sich im rhythmische Text. Durch die elaborierte Technik des Vorführens, Verschneidens und Montierens weist der Sprachgebrauch zurück auf die Intention der Verwendung: „Cantata – das psychologisch konzipierte Hintergrundprogramm“ oder doch lieber Liebe als „Hymne auf den ekstatischen Selbstverlust des Subjekts“?
Den ganzen Abend durchzieht die Widerständigkeit gegen die unbefragte Übernahme des konventionellen Song-Modells in Text, Musik und Alltagsentwürfen. Ein Widerstand allerdings, der sich ausdrückt in neuen Formen, der Suche nach ihnen zumindest, und in der Lust nach dem Unerprobten, das aus dem Klischierten geschält wird. (Clemens Gadenstätter)