Thu Feb. 16, 2006
20:00

Harry Sokal „Voices of Time“ (A/USA)

Harry Sokal, Wolfgang Puschnig: saxophone
Gerald Veasley: bass
Alex Deutsch: drums

Sorry this part has no English translation

Sein Spiel hat mir immer gefallen, auch weil es immer so anders war als meines. Er hat sich mehr mit der Tradition beschäftigt als ich. Heute besitzt Harrys Musik viel Tiefe. Da ist mehr Blues drinnen als früher. Es gibt nur wenige Saxophonisten, bei denen ich das höre. (Wolfgang Puschnig über Harry Sokal)
Er ist unheimlich charaktervoll und ausdruckstark und kann mit den Mitteln, die er zur Verfügung hat, enorme Stimmung erzeugen. Für ihn ist nicht Technik das Vorrangige, sondern der musikalische Ausdruck - und das Leben, das daraus spricht. Das schätze ich sehr. (Harry Sokal über Wolfgang Puschnig)
Schon in ihren gemeinsamen Jahren im Vienna Art Orchestra waren sie Antipoden. Hier der technisch brillante, immer wieder als „Amerikaner“ titulierte Changes-Spieler, der dank seines reifen melodisch-harmonischen Verständnisses Töne über die Akkorde legen konnte, als würde „ein Vogel durch vier verschiedene Jahreszeiten fliegen“. Dort der tief im slawisch geprägten Volksmusik-Substrat seiner Kärntner Heimat verwurzelte Choreograph elegischer, tief berührender Stimmungsbilder, ein hinreißender Sänger ohne Worte, am ersten seiner expressiven Töne identifizierbar. 20 Jahre nach dem ersten Versuch, diese gegensätzlichen saxophonistischen Ausdruckswelten in stimulierender Weise in einem eigenen Bandprojekt kurzzuschließen, wollen es Harry Sokal und Wolfgang Puschnig, Österreichs international renommierteste Vertreter ihres Instruments, noch einmal wissen. Das 2002 im Rahmen der „Austrian Jazz Art“-Reihe veröffentlichte Album „Red-White-Red & Spangled“ (Universal), 1983 im Zeichen euphorischer Aufbruchsstimmung in New York aufgenommen, diente als Anstoß, eine der besteingespielten Reed-Achsen des heimischen Jazz endlich in den Mittelpunkt einer fixen Formation zu stellen. „Wir wollen in alle Richtungen gehen, rhythmisch schwebt mir eine große Bandbreite zwischen funky und straight-ahead vor“, kündigt Harry Sokal an, der die saxophonistischen Dialoge auf die Schienen eines weltmeisterlichen Bass-Schlagzeug-Gespanns zu stellen beabsichtigt: Gerald Veasley und Jojo Mayer. „Vor 20 Jahren haben wir mit dem Feuer, mit dem Elan gespielt, in dem wir damals gelebt haben. Seither haben Wolfi und ich uns in verschiedene Richtungen entwickelt. Nun treffen wir uns wieder und führen wie in einem großen Bogen diesen Spirit weiter. Geprägt von all den Erfahrungen in der Musik wie im Leben, die wir gemacht haben.“ Zwei Musiker mit schlafwandlerischem Verständnis sind älter, reifer geworden. Man benötigt weniger Töne, um die Essenz einer musikalischen Aussage darzustellen. Anstatt der Welt demonstrativ seine virtuosen Energien entgegenzuschleudern, spielen heute feine harmonische Nuancen, dynamische Zwischentöne und das brillante Interplay die Hauptrolle. Der fordernde Impetus des Gehört-Werden-Wollens ist der Gelassenheit des Zuhörens gewichen. Dem Partner wie sich selbst. (Andreas Felber)