Sun Nov. 19, 2006
20:00

Sheila Jordan & Cameron Brown Duo (USA)

Sheila Jordan: vocals
Cameron Brown: bass

Sorry this part has no English translation

New York, 18. November 2004. Auf der Bühne des Triad, eines kleinen Cabaret-Clubs im oberen Teil von Manhattan, steht die Jazzsängerin Sheila Jordan. Es ist ihr 76. Geburtstag und vielleicht der letzte Tag in ihrem Leben. Ihr Arzt, ein Herzspezialist, hatte ihr gesagt, mehrere Arterien seien verstopft, sie müsse sofort operiert werden. Die Operation ist für den nächsten Morgen festgesetzt, um 5.30 Uhr, im Columbia Presbyterian Hospital. Den Tag nach ihrem Geburtstag. An diesem Abend trägt sie einen schwarzen Samtkimono, bestickt mit japanischen Ornamenten. Dazu eine rote Blume im Haar. Sie singt mit geschlossenen Augen, sehr gefühlvoll, hingegeben an die Musik. Begleitet wird sie nur von einem Bassisten, von Cameron Brown. „Es gibt Bereiche in meiner Stimme“, sagt sie, „die ich mit einem Schlagzeug oder auch einem Klavier nicht hören könnte.“ Sie spürt den Tönen nach, den Texten. Sie lebt die Texte wie kaum eine andere Sängerin. Außer ihr gab es nur noch Shirley Horn, die Texte so singen konnte, als habe sie alles selbst erlebt. Sie eröffnet ihr Konzert mit dem Humdrum Blues, geschrieben von dem Chicagoer Dichter und Bürgerrechtler Oscar Brown Jr. Sie singt sein klagendes „Brother Where Are You“ und ein Blues Medley For Miles. Sie singt, als wäre es ihr letztes Mal, anderthalb Stunden lang. Die CD mit dem Konzert erscheint ein Jahr später unter dem Titel „Celebration“.
Berlin, im Januar 2006. Sheila Jordan sitzt in einem violetten Sessel der hellgrünen, japanischen Suite eines Berliner Hotels. Am Ende eines langen Flurs, ausgelegt mit einem dichten, weichen Teppich, der das Geräusch der Schritte verschluckt. Ihr schmales, sehr mädchenhaftes Gesicht ist zugewandt, der Blick offen, direkt. Sie ist niemand, der Dinge verschweigt. Offen redet sie über ihre Alkoholsucht, diese Krankheit, die in ihr geschlafen habe, schon immer. Und die dann hervorgebrochen sei und sie fast unter sich begraben hätte. Sie sei lange nicht bereit gewesen, Hilfe anzunehmen. Ihr Blick bleibt direkt, ernst. Sie weiß, es ist ein Thema, das nicht nur sie betrifft. Dass viele Musiker in dieser Lage sind, in diesem Teufelskreis, aus dem man nur schwer entkommen kann. Deshalb spricht sie darüber. Eines Nachts sei sie an einen Punkt gekommen, an dem sie erkannte, sie würde die Musik verlieren, wenn sie nicht aufhört. Es sei eine Art spirituelle Begegnung gewesen. Jetzt würde es ihr nichts mehr ausmachen, in einem Hotelzimmer zu sein, mit einer Minibar voller Alkohol. Ihre Nichte aus New York, die sie begleitet, reicht ihr ein Glas Wasser. (Maxi Sickert, ZEIT online, 21. Jänner 2005)
Wien, 19. November 2006. Die Grande Dame der Jazzvokalkunst, Sheila Jordan, wird einen Tag nach ihrem 78. Geburtstag auf der Bühne des P&B erscheinen und mit ihrer unvergleichlichen Persönlichkeit das Publikum verzaubern. Happy Birthday, Miss Sheila! CH