Tue Nov. 6, 2007
20:30

Kristin Asbjørnsen „Wayfaring Stranger“ (NOR)

Kristin Asbjørnsen: vocals
Jostein Ansnes: guitars, lapsteel guitar, vocals
Jarle Bernhoft: guitars, vocals
Anders Engen: percussion, piano

Sorry this part has no English translation

Kristin Asbjørnsen stammt aus Oslo in Norwegen. Doch hört man sich ihr Debütalbum „Wayfaring Stranger – A Spiritual Songbook“ an, könnte man durchaus der Meinung sein, die 36-Jährige käme irgendwo aus der Tiefe der amerikanischen Südstaaten, was nicht nur an dem darauf versammelten Songmaterial liegt, sondern auch an der einzigartigen Stimme der Sängerin, die zwischen einer gemäßigten, weiblichen Variante von Tom Waits und Janis Joplin angesiedelt ist. Die Karriere der Norwegerin begann vor zehn Jahren als Mitglied eines weiblichen Gesangsquartetts und setzte sich später mit der Band Dadafon fort. Doch erst jetzt, mit einem starken Soloalbum im Gepäck, könnte sie so richtig durchstarten. „Wayfaring Stranger“ bietet dem Hörer eine Kollektion aus elf kaum bekannten afro-amerikanischen Spirituals, die Asbjørnsen durch die aus Chicago stammende schwarze Sängerin Ruth Reese kennenlernte. Reese wanderte 1960 nach Norwegen aus und lebte dort bis zu ihrem Tod im Jahr 1990. Kurz vor ihrem Tod vermachte sie Asbjørnsen ihr umfangreiches Songbook mit Spirituals, die von Sehnsucht, Trauer, Einsamkeit und Überlebenskampf, aber auch von Hoffnung und freudigen Ereignissen handeln. Dazu Kristin Asbjørnsen: „Die Spirituals dienten ursprünglich dazu, die Fesseln der Sklaverei zu ‘lockern’. Und ich stellte immer wieder fest, dass diese Songs sich auch auf unsere heutigen Probleme, auf unsere eigene Suche nach persönlicher Freiheit, Entwicklung und Schutz übertragen lassen.“ Mit dem Perkussionisten/Pianisten Anders Engen, dem Gitarristen Jostein Ansnes und dem Bassisten/Backgroundsänger Jarle Bernhoft nahm Asbjørnsen das vorliegende Album in Ulf Holands Puk Studios in Dänemark auf. Dem Quartett gelang es dabei ein faszinierendes Werk auf die Beine zu stellen, das mit spartanischer Instrumentierung und tiefgehenden Texten von Beginn an fesselt und Gänsehautatmosphäre versprüht. Die Stücke fallen so authentisch aus, dass sich der Hörer vor dem geistigen Auge in eine staubig-heiße Wüste versetzt fühlt, in der Strafgefangene bei schwerer körperlicher Zwangsarbeit schuften, aber die Hoffnung nicht aufgeben und im Überlebenskampf ihre Lieder voller Mut und Zuversicht in die Welt hinaussingen. Wer so ein Kopfkino mit Musik erzeugen kann, leistet wahrlich Großes. (Matthias Reichel)

Kristin Asbjørnsen ist mit einer Stimme gesegnet, die ganz so klingt, als wäre die Sängerin nicht in Oslo, sondern in einem der Südstaaten der USA zur Welt gekommen: sie ist tief und kraftvoll, rau und heiser, sehr leidenschaftlich und bluesig. Kurzum: Sie scheint wie geschaffen für die Interpretation der elf traditionellen Spirituals ihres erstaunlichen Solodebütalbums “Wayfaring Stranger”. Die 1971 geborene Kristin Asbjørnsen begann ihre Karriere vor rund zehn Jahren als Mitglied des weiblichen Gesangsquartetts Kvitretten, das sie zusammen mit Solveig Slettahjell, Eldbjørg Raknes und Tone Åse bildete. Alle vier Sängerinnen haben seitdem unterschiedliche musikalische Wege beschritten, doch eines verbindet sie nach wie vor: das Faible für äußerst originell gewählte Texte. Nachdem sich die Kvitretten aufgelöst hatten, verfolgte Asbjørnsen ihre Karriere als Sängerin der Bands Krøyt und Dadafon weiter. Vertont wurden dabei unter anderem Texte von Walt Whitman und Charles Bukowski sowie norwegischen Dichtern wie Anne Bøe, Ragnhild Lund Ansens und Tale Næss. Asbjørnsen wirkte als Vokalistin außerdem an der Aufnahme von Pianist Ketil Bjørnstads politisch gefärbtem Album “Seafarer’s Song” (Universal, 2004) mit und schrieb die Musik für den Film “Factotum”. In diesem porträtierte der norwegische Regisseur Bent Hamer das harte Leben Bukowskis. Der Soundtrack, den Asbjørnsen u.a. mit ihren Kollegen von Dadafon und dem Pianisten Tord Gustavsen einspielte, erschien 2006 bei Milan Records. Mit “Wayfaring Stranger” legt Kristin Asbjørnsen nun also endlich ihr erstes Album unter eigenem Namen vor. Es ist eine Kollektion von größtenteils kaum bekannten afro-amerikanischen Sprituals, die Asbjørnsen durch die aus Chicago stammende schwarze Sängerin Ruth Reese kennenlernte, die 1960 nach Norwegen ausgewandert war und dort bis zu ihrem Tod im Jahr 1990 lebte. Reese vermachte Asbjørnsen vor ihrem Tod ihr umfangreiches Songbook mit Spirituals. Als Spirituals bezeichnet man die religiösen Volkslieder, die von den Nachfahren der Sklaven stammen. Die ersten entstanden im 17. Jahrhundert und wurden durch mündliche Überlieferung von Generation zu Generation weitergereicht. Die Lieder erzählen von Sehnsucht, Trauer, Einsamkeit und Überlebenskampf, aber auch von Hoffnung und freudigen Ereignissen. “Der Reichtum dieser Lieder ging mir gleich sehr nahe”, erzählt Kristin Asbjørnsen. “Ich fühlte mich überwältigt und hatte zugleich das unstillbare Verlangen, mir einen eigenen Zugang zu diesen Songs zu erschließen. Die Beschäftigung mit diesen Liedern hat mich sehr bewegt, sie hat mich als junge Sängerin und improvisierende Künstlerin unglaublich geprägt und eine wichtige Grundlage geschaffen für alles, was ich seitdem gemacht habe.” Bis 1998 interpretierte Kristin, die am Konservatorium in Trondheim Musik studiert hat und u.a. westafrikanische Griot-Sänger als Inspirationsquelle nennt, diese Spirituals vor allem in Zusammenarbeit mit dem mittlerweile weltweit gefeierten Pianisten Tord Gustavsen, danach integrierte sie einige der Songs in das frühe Repertoire ihrer Band Dadafon. Im Laufe der Jahre wurden die Arrangements natürlich immer wieder modifiziert. “Die Spirituals dienten ursprünglich dazu, die Fesseln der Sklaverei zu ‘lockern’. Und ich stellte immer wieder fest, dass diese Songs sich auch auf unsere heutigen Probleme, auf unsere eigene Suche nach persönlicher Freiheit, Entwicklung und Schutz übertragen lassen.” Die spartanische Produktion von “Wayfaring Stranger” übernahm der Perkussionist Anders Engen, einst Mitglied von Bugge Wesseltofts New Conception of Jazz. Neben Engen, der hier auch als Pianist zu hören ist, agieren mit dem Gitarristen Justin Ansnes und dem Bassisten Jarle Bernhoft, der auch den Background-Gesang beisteuert, zwei Mitglieder von Kristins Band Dadafon. Das Trio unterlegt Asbjørnsens ebenso einfühlsamen wie leidenschaftlichen Gesang mit einer sparsamen Instrumentierung. Um so direkt und authentisch wie möglich zu klingen, wurden sämtliche Stücke live im Studio aufgenommen. Die Interpretationen dieser elf alten Spirituals sind durchweg beeindruckend. Zu den Highlights zählen “Now We Take This Feeble Body”, das Asbjørnsen im Duo mit Ansnes vorträgt, das leidenschaftlich elegante “In That Morning” und “Going Up”, dessen Arrangement für Chor und Percussionbegleitung einen zu den afrikanischen Wurzeln der Spirituals zurückführt. Der wohl bekannteste und auch aufregendste Song des Albums ist freilich das Titelstück. “(I Am Poor) Wayfaring Stranger” wurde unter anderem schon von Ikonen wie Pete Seeger, Johnny Cash und Emmylou Harris auf Platte gebannt. 2001 nahm der Saxophonist Charles Lloyd es auch für sein brillantes Doppelalbum “Lift Every Voice” (ECM 1832) auf. (Pressetext)