Wed Oct. 1, 2008
20:30

Jean-Paul Brodbeck „Song of Tchaikovsky“ (CH/A)

Jean-Paul Brodbeck: piano
Fabian Gisler: bass
Andreas Pichler: drums

Sorry this part has no English translation

Der Basler Pianist Jean-Paul Brodbeck ist keiner, der nur an der Oberfläche kratzt. Das beweist er einmal mehr mit seinem neuesten Streich, für den er sich niemand Geringeren als den russischen Giganten Piotr Tchaikovsky als Inspirationsquelle vorgenommen hat. Wer jetzt aber an den Nussknacker in einer Jazz-Version denkt, liegt ganz falsch. Die Vorlage der CD sind nicht pompöse Klänge, sondern frühe, hochromantische Melodien, genauer: ausgewählte Lieder aus seinen Liedzyklen. Aus diesen Romanzen hat Jean-Paul Brodbeck diejenigen ausgewählt, die sich für die Interpretation als Jazz-Ballade eignen. Das Ergebnis ist eine klanglich wundervoll ausbalancierte, ruhige Trio-Platte, Balsam für jede, nicht nur für die sprichwörtliche russische Seele. Wenn Brodbecks Tchaikovsky-Projekt nun live auf die Bühne kommt, ist das eine ganz andere Geschichte. Oder besser: Es ist die gleiche Geschichte, aber sie wird ganz anders erzählt. Live geht es der Band um das vergnügte Ausloten der Dynamik, die schönen Melodien sind Anlass, gemeinsam fortzufabulieren, und wo auf der CD die Zügel im Sinne der „Entschleunigung“ kontrolliert wurden, geben die drei den Tchaikovsky-Romanzen jetzt die Sporen. So wird das ganze dynamische Spektrum bespielt: Was zunächst rhapsodisch schweifend und romantisch verspielt daher kommt, entwickelt sich in einen satten Pop-Jazz Groove; darauf baut Jean-Paul Brodbeck seine Linien auf und lässt seine Virtuosität in perlenden Läufen beiläufig aufblitzen. Damit aber noch nicht genug: Unter dem etablierten Groove legen der Kontrabassist Fabian Gisler und der österreichische Drummer Andreas Pichler nämlich immer wieder nach, treiben die Dynamik kontinuierlich nach oben, bis das Ganze kocht wie ein Zauberkessel und das Trio beweist: Tchaikovskys Romanzen lassen sich tanzen! (Jodok Hess, Jazzredaktor DRS2)