Thu Feb. 5, 2009
20:30

Karl Ritter Solo / Hassfurther & Somer & Oberkanins & Herbert „i.e.s.p.“ (A)

Karl Ritter Solo
Karl Ritter: acoustic guitars

i.e.s.p.
Sophie Hassfurther: reeds
Emmanuelle Somer: reeds
Ingrid Oberkanis: percussion
Peter Herbert: bass

Sorry this part has no English translation

Karl Ritter Solo
Ein Traumland, einfach so
Das Klangraumorchester Karl Ritter legt mit „Traumland“ sein nächstes Werk in epischer Größe vor. Und wie viele sicherlich wissen hat es ein Epiker besonders gut. Er – der Epiker – muss sich im Gegensatz zum Dramatiker nicht einengen lassen von Raum und Zeit, kann also zeitdehnend agieren, aber auch zeitraffend oder zeitdeckend, er kann sich Rückblenden bedienen oder künftige Ereignisse vorwegnehmen. Auf „Traumland“ findet sich vieles von all dem wieder. Im Titelstück zum Beispiel, in dem, um Nietzsche nachzusprechen, nichts mehr eigen ist als die Träume und nichts mehr als das Werk. Karl Ritter der Große absorbiert hier die ganze Kraft und Größe eines Traumlandes und transformiert es in die Realwelt. Einfach so. Zwölf mal. In einem Mandala aus der Rigveda [der älteste Teil der vier Veden aus dem Hinduismus; Anm.] heißt es an einer Stelle \"Es gibt so viele Morgenröten, die noch nicht geleuchtet haben\", mit Ritters „Morgenröte“ kommt jene endlich wieder ordentlich zum Leuchten. Es ist keine Schamesröte wie jene von Phaetons Tante Eos – der Morgenröte aus der griechischen Mythologie [bei Eos färbte sich der Himmel am Morgen aus Scham rot; Anm.], sondern kostbare drei Minuten für einen kostbaren neuen Tag. Ja, und es gibt auch den „Almtraum“ – einen Sommer auf der Alm, dort, wo „Ziegen ziehen“ bis es wieder Zeit wird zum „Aufbruch“, denn es ist schließlich bereits „November“ und von „Trabitsch“ [einem weiteren hervorragenden Gitarristen aus Österreich; Anm.] hat sich der Ritter auch schon verneigt. Da kann man sich dann entscheiden, fliegt man ins „Niemandsland“, nach „Enoe“ [eine Stadt im Walker County, Alabama; Anm.] oder von Planet zu Planet, wie im „Planetenflug“? Letzt genanntes ein Stück als zentrales Element eines Raumes, bei dem die Ordnung im Planetensystem mit einer akustischen Umgebung korreliert. Der Gitarrist, übrigens, ist ja kein Angeber und beschränkt sich nur auf das Wesentliche, berücksichtigt also auch den ruhenden Raum und bringt so bis dato ungehörtes zu Gehör. (Achtung, Wiederholung:) Einfach so. Der Ausgang aus dem Traumland führt über „Grüner Mond“ – relative Verwandtschaftsverhältnisse zu Weills „Grüner Mond von Alabama“ und zum Spätwerk von Miró sind nicht auszuschließen können allerdings – Dings aller – auch nicht bestätigt werden. Vereinfachte Miró in seinem „Grünen Mond“ die Formen so stark, dass man eigentlich nur noch Striche erkennen kann, was einem wiederum sehr entfremdend vorkommt, vollzieht Ritter hier mit Eleganz die Schließung des Kreises kraft seiner Stimme. „Traumland“ ist ein Traum von einem Land, das auf den Namen Musik hört. Aber ja (Vorsicht, mehrfache Wiederholung): Einfach so. (Manfred Horak)

i.e.s.p.
I.E.S.P. - Icarus’ Extra Sensory Perception
Nach der Woche gemeinsamer und intensiver Vorbereitung auf das Eröffnungskonzert in Saalfelden 2008 mit Peter Herberts Villa Incognita stand für die beiden Holzbläserinnen Emmanuelle Somer und Sophie Hassfurther fest: Das ist der Anfang für weitere Projekte. Mit Peter Herbert und der Perkussionistin Ingrid Oberkanins präsentiert sich nun ein Quartett, das in seiner kammermusikalischen Besetzung die feinen Zwischentöne des gemeinsamen Spiels entwickeln lässt und doch Raum gibt für den ganz individuellen Stil der einzelnen Künstlerpersönlichkeit.
Die Geschichte von Ikaros und seinem Vater Daidalos dient den beiden Musikerinnen als Ausgangspunkt und Inspirationsquelle für ihre Stücke. Dem griechischen Mythos nach werden Daidalos und Ikarus von König Minos auf Kreta gefangen gehalten. Der Luftweg scheint die einzige Fluchtmöglichkeit. So konstruiert Daidalos aus Federn und Wachs Flügel, mit denen die beiden entkommen können. Als Ikaros sich in sicherer Entfernung von Kreta weiß, wird er übermütig und fliegt so hoch, dass die Sonne das Wachs seiner Flügel zerschmilzt – er stürzt ab und ertrinkt. Daidalos beerdigt seinen Sohn auf einer Insel in der Nähe. Die Insel wie auch das sie umgebende Meer benennt er nach Ikaros. Aber im Herzen der Menschheit lebt der Traum sich in die Lüfte zu erheben, an den Himmel heranzureichen und die Freiheit zu wagen ungebrochen weiter.
Die Kompositionen nähern sich dem griechischen Mythos auf musikalische Weise. Die Stückvorlagen dienen dabei als Unterstützung und Basis für kontrapunktische Improvisationen. Es entstehen Klangkonstrukte mit ineinander greifenden, verwobenen Melodien, jenseits von Begriffen wie Thema/Begleitung oder Melodie/Basslinie in Richtung Reinheit von Schall und Stille. (Pressetext)