Fri Feb. 26, 2010
20:30

Charles Gayle / Juini Booth / Roger Turner (USA/GB)

Charles Gayle: alto saxophone, piano
Juini Booth: bass
Roger Turner: drums

Sorry this part has no English translation

Das Management von Sunny Murray liess am 23.Februar folgendes verlauten:

Traurige Nachrichten: Sunny Murray ist seit dem 22.Februar gesundheitlich bedingt nicht mehr in der Lage, die Tournee mit Charles Gayle und Juini Booth weiter fortzuführen. Das Konzert in Krakau musste schon im Duo stattfinden, da er es nicht mehr auf die Bühne geschafft hat. Gayle hat dann beschlossen, ihn nach Hause zurückzufliegen. Er ist den Anstrengungen und dem damit verbundenen Stress einer Tournee nicht mehr gewachsen. Neuer Schlagzeuger ist ab sofort der Brite Roger Turner, ein starkes und kreatives Element, welches sich einfühlsam in das Konzept einfügt...

Ich habe diesen Ersatz natürlich akzeptiert, dh der Abend findet ohne Sunny Murray statt. All jene, die ihre Karten zurückgeben wollen, können dies natürlich tun. Den Film "Sunny's Time Now" zeigen wir natürlich trotzdem, auch wenn der Titel so nicht mehr ganz stimmt. Wir wünschen dem Schlagzeuger alles Gute und baldige Genesung...

Ich bitte um Verständnis

Christoph Huber

Sunny Murrays Spiel mit Cecil Taylor in den Sechziger Jahren markierte die Emanzipation des Schlagzeugs von der Begleitfunktion und wirkte exemplarisch auf den Free Jazz. Sunny Murray verwandelte das Schlagzeug vom Rhythmus- zum Melodie-Instrument. Frei pulsierende Akzente auf Snare- und Bass-Drum, unterlegt von schwebenden Klangflächen der Becken, traten an die Stelle eines durchgehend aufrecht erhaltenen Beats. Was auf den ersten Eindruck vielleicht zusammenhangslos erscheint, erweist sich bei näherer Betrachtung als durchwegs strukturiert. Allerdings löste die plötzliche Popularität seiner Spielweise bei dem 1936 in Oklahoma geborenen Murray mehr Enttäuschung als Begeisterung aus. „In der Swing- und Bebop-Ära war der Charakter der Musiker ein wichtiger Teil der Musik. Vielen Vertretern der Jazz-Avantgarde fehlte diese eigene, ausgeprägte Persönlichkeit, sie spielten diesen Stil ohne echte Überzeugung. Das ist der Grund, warum ich auf die Entstehung des Free Jazz heute eher skeptisch zurückblicke. Nach all den Jahren war ich froh darüber, dass diese Musik nicht erfolgreich war, ich hatte gehofft, sie würde wieder verschwinden.“
Angst vor der Avantgarde Diese Hoffnung hegten offensichtlich auch viele Club-Betreiber, die der Verlagerung des Musik-Geschehens in kleine Cafès, Jugendzentren und Lofts naturgemäß skeptisch gegenüberstanden. „Wir haben eine Menge Traditionen gebrochen und in Frage gestellt, als wir anfingen New Music zu spielen. In dieser Zeit gab es zahlreiche Einschüchterungsversuche von Seiten der organisierten Veranstalter-Mafia in New York. Sie haben versucht uns Angst zu machen, uns am Spielen zu hindern. Ich selbst wurde beinahe von einem Auto angefahren, als ich gerade aus einem Club raus kam, man hat meine Familie bedroht - es war verrückt. Cecil Taylor ging die 1st Avenue runter als er von sechs Männern attackiert wurde, die ihm beide Handgelenke brachen. Die selben Leute haben Ornette Geld dafür gegeben, dass er zwei Jahre lang nicht mehr spielt.“ Was zumindest erklären würde, warum sich Ornette Coleman nach seinem legendären Konzert in der New Yorker Town Hall 1962 plötzlich zurückzog und erst 1965 mit seiner Trio-Formation im Village Vanguard wieder auf der Bildfläche erschien. „Damals habe ich plötzlich realisiert, dass es tatsächlich von Bedeutung ist, was wir tun. Zuvor hatte ich all das intellektuelle Gerede über New Music für Schwachsinn gehalten – dann wurde mir klar, dass man uns ernsthaft davon abhalten wollte, unsere Ideen weiter zu entwickeln und die Sache voran zu treiben. Das war irgendwie beängstigend für mich.“ Mittlerweile räumt Sunny seiner Musik durchaus eine gewisse gesellschaftspolitische Relevanz ein. „Jeder will auf die eine oder andere Weise frei sein, und Avantgarde-Musiker sind ein klarer Beweis für die Existenz von Freiheit. Aber nicht jeder ist auch gewillt, den Preis dafür zu bezahlen. Wir haben keine Garantie dafür, Geld zu verdienen, das ist das traditionelle Los aller Erfinder und Neuerer.“ Ein hartes Los, das bei dem 72-jährigen Familienvater, der sich lange Zeit als Tellerwäscher und Taxifahrer seinen Lebensunterhalt verdienen musste, gar späte Reue erkennen lässt: „Wenn ich an meinem Leben noch etwas ändern könnte – ich hätte nicht mit Cecil gespielt. Ich glaube, ich habe zu sehr darunter gelitten, mit ihm zu spielen. Und es liegt nicht in meiner Natur, zu leiden.“ (Martin Gansinger)
Geplant war dieses Konzert mit dem seit vielen Jahren in Berlin lebenden Bassisten Sirone (Walter Norris), der sich aber im November des vergangenen Jahres in eine andere Welt verabschiedet hat. Somit titelt dieser Abend mit „In Memory of...“ Dafür aber mit einem „special guest“. Sunny’s Time Now! CH