Wed April 28, 2010
20:30

Kurt Rosenwinkel Standards Trio (USA)

Kurt Rosenwinkel: guitar
Eric Revis: bass
Kendrick Scott: drums

Sorry this part has no English translation

In einschlägigen Blogs wurde Anfang Juni (Anm.: 2009) diskutiert, was dieser Gitarrist in New York spielen wird. Die Ankündigung, der amerikanische Jazzgitarrist Kurt Rosenwinkel wolle ein Programm aus Jazzklassikern aufführen und aufnehmen, sorgte jedenfalls für Verwirrung. Sonst bekannt für eigene Kompositionen oder auch Gastauftritte im HipHop-Kontext, liegen seine letzten Alben mit sogenannten Standards der Jazzgeschichte immerhin schon mehr als zehn Jahre zurück. Obwohl es immer mal kleine Ausnahmen gab, wie die Interpretation von „If I Should Lose You\\\" auf dem Rosenwinkel-Album „Deep Song\\\", das er vor vier Jahren mit seinen Freunden Brad Mehldau und Joshua Redman aufnahm. Zusammen zählen sie zu einer neuen Jazzgeneration, die sich durch einen ungezwungenen Zugang zur Tradition auszeichnet.
Der Pianist Mehldau hat die Situation als kreatives Dilemma beschrieben. Charakteristisch für ihre Generation sei, dass es kein aktuelles Zentrum der Jazzentwicklung mehr gibt. Während die Jazzgeschichte bis in die Siebziger Jahre noch relativ linear verlief, hatte man das Gefühl, dass es einen dominanten Stil je Zeitabschnitt gab, dass sich der nächste aus dem vorangegangenen entwickelte. Der neue Stil mag nicht besser als der alte gewesen sein, er war jedoch eng mit ihm verknüpft, das Neue war somit erkennbar, das Alte wieder erkennbar. Dann gab es einen Bruch. Als Musiker wie Mehldau, Redman und Rosenwinkel auf die Szene kamen, hat man nicht mehr auf die Jazzstile von früher reagiert. Ihre postmodernen Kompositionen bedienten sich zwar aus dem großen Pool der Ideengeschichte des Jazz, doch erfüllten keine historisch begründeten Erwartungen mehr.
Umso mehr mag das aktuelle Repertoire von Rosenwinkels Trio erstaunen - sei es der Blues „Back Up\\\" vom Blue-Note-Album des Organisten Larry Young „Into Somethin\\\", „Boplicity\\\" von Miles Davis oder die elegante Ellington-Ballade „Prelude to a Kiss\\\" und der Thelonious-Monk-Ohrwurm „Well, You Needn\\\'t\\\". Dass sich Rosenwinkel von Keith Jarrett inspirieren lässt, ist gerade bei diesem Projekt sinnvoll. Schließlich war es Jarrett, der schon Anfang der achtziger Jahre die Spur der großen Melodien-Erzähler wieder aufnahm. Er reintegrierte die alten Lieder, die noch von der Zeit des Great American Songbooks singen und zu Improvisationsgrundlagen für unzählige Klassiker der afroamerikanischen Instrumentalmusik wurden, in den modernen Jazz. Der schwarze Kulturkritiker Amiri Baraka hatte jene melodieorientierten Kleinstkunstwerke von weißen Amerikanern namens Cole Porter, Jerome Kern und George Gershwin einst als Tin-Pan-Alley-Knast bezeichnet und den wahren Jazzmusikern die Abkehr empfohlen. Jarrett fand später dann den seriösen Neubeginn und Rosenwinkel wagt jetzt den nächsten Schritt. Die Aufnahmen für die in Kürze erscheinende Standards-CD fanden Mitte Juni in New York statt. Mit dem Bassisten Eric Revis und dem Schlagzeuger Rodney Green war Rosenwinkel gerade auf großer Festival-Tour. (Christian Broecking)