Sun April 14, 2002
20:00
“My Kingdom for a lullaby”

Siewert/Dörner/Kurzmann/Roisz/Grill

Martin Siewert: guitar, lapsteel, electronics
Axel Dörner: trumpet, computer
Christof Kurzmann: G3, clarinet
Billy Roisz: live-visuals
Michaela Grill: video

Sorry this part has no English translation

Spurenlos verläuft die Arbeit an etwas, wenn die Arbeit, die Spur und das Etwas deckungsgleich werden. Es mag vorerst paradox erscheinen, aber diese Art von Spurenlosigkeit ist die Voraussetzung für jene Entgrenzung, die in künstlerischem Sinn das Rauschen und das Rauschhafte erst ermöglicht: Erst wenn die Grenzen einbrechen zwischen der Absicht des Bearbeitens, der Nachvollziehbarkeit einer Spur und dem Erkennen eines begrenzten, ganzheitlichen Etwas ist die Annäherung an das so Verführerische wie Bedrohliche eines grenzenlos scheinenden Rausche(n)s anvisierbar. Die Geräusche und das (akustische oder optische) Rauschen, zu denen die Künstler ihr Instrumentarium verführen, sind nämlich keine Statthalter mehr von etwas. Es ist das Ende der Repräsentation. Die Arbeit, die das Instrumentarium verrichtet, ist das Etwas, das erzählt wird. Jene Spur, die eine künstlerische Arbeit notwendigerweise hinterlässt, wenn sie zur Darstellung einer außerhalb ihrer selbst gelegenen Expression eingesetzt wird, geht in diesem Fall auf in der Arbeit und ihrem deckungsgleichen Etwas. Die Künstler fungieren als Konstrukteure von (musikalischen, optischen, sozialen) Versuchsanordnungen und Schaltkreisen, deren Selbst-Darstellung das Reale als Ahnung des Imaginären (unter Umgehung des Symbolischen) zur Kunst transformiert. Ein berauschendes Rauschen nicht zu produzieren wie die individuelle Ausdruckssubjektivität eines (Jazz)solisten, sondern produzieren zu lassen von einer künstlerischen Versuchsanordnung, das ist jenes so hochgesteckte wie zugleich einfache Ziel, für deren Erreichung Königreiche am Spielen stehen: „My Kingdom for a Lullaby“. (Christian Scheib)