Thu June 2, 2016
21:00

Fred Hersch Trio (USA)

Fred Hersch: piano
John Hébert: bass
Eric McPherson: drums

Sorry this part has no English translation

Der US-amerikanische Jazzpianist und Komponist Fred Hersch ist in Europa nur wenig bekannt, doch in der New Yorker Jazzszene genießt er Kultstatus. (...)
Mit seiner ausdrucksstarken und emotionalen Musik übte er auf jüngere Jazzpianisten wie etwa seinen Schüler Brad Mehldau großen Einfluss aus. Als einer der wenigen Jazzmusiker outete Hersch seine Homosexualität und seine Aids-Erkrankung. Als Folge der Krankheit lag der Musiker bereits zwei Monate im Koma, erholte sich jedoch vollständig und tritt nun wieder auf. (...)

Schon vor einigen Jahren war in der "New York Times" von einer neuen Jazz-Bewegung zu lesen - von einer Welle hochexpressiver Musik, die Emotion wichtiger nimmt als technische Perfektion und Virtuosität, und die auch anderen Traditionen wie Klassik oder Folk gegenüber offen ist. Als Vertreter nannte man junge Jazzpianisten wie Brad Mehldau oder Ethan Iverson - und, als stillen Innovator, Fred Hersch, bei dem die beiden einst studierten. Mit solchen jazzhistorischen Abhandlungen kann Hersch selbst jedoch wenig anfangen.

"Ich kann nicht sagen, dass ich mich als Teil einer bestimmten Schule sehe", betont Hersch. "Für mich ist Emotion sehr wichtig. Ich höre viele Arten von Musik dieser Tage, ich kann vieles genießen. Aber wenn ich mich selbst ans Klavier setze, will ich mir und meinem Publikum Zugang zu meiner Gefühlswelt verschaffen."

Schon als Kind musikalisch aktiv, studierte Fred Hersch zunächst am Konservatorium in Boston, ging mit Anfang zwanzig nach New York und trat bald mit den Großen des Jazz auf. Auch mit eigenen Bandprojekten, Kompositionen und vor allem mit seinen Soloprogrammen machte er auf sich aufmerksam. Als erster Musiker überhaupt bespielte Hersch eine Woche lang allein den berühmten Jazzclub Village Vanguard.

Mitte der 1980er Jahre, als er das erste Album mit seinem Fred-Hersch-Trio aufnahm, wurde bei dem Musiker HIV diagnostiziert. Er outete seine Erkrankung wie auch seine Homosexualität - ein Befreiungsschlag für sein privates, aber auch künstlerisches Leben, wie Hersch heute sagt. Doch den Kampf gegen seine Krankheit hätte er schon fast einmal verloren: 2008 fiel er für zwei Monate ins Koma.

"Als ich aus dem Koma erwachte, war ich vollkommen hilflos", erinnert sich der der Musiker. "Ich konnte nicht gehen und nicht essen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich jemals wieder Klavier spielen würde. Es ist ein Wunder, dass ich mich wieder so gut erholt habe, auch wenn es harte Arbeit war. Die meisten denken ja nicht darüber nach, was passiert, wenn sie ein Glas Wasser trinken. Ich konnte das acht Monate lang nicht."

Die Träume, die Fred Hersch als Komapatient durchlebt hat, verarbeitete er in seinem multimedialen Projekt "My Coma Dreams", das auch musikalisch alle Genregrenzen sprengt. Er spiele heute besser als je zuvor, sagt Fred Hersch. Er habe alle Zweifel an seiner Musik verloren und erlaube sich auch in seinen Kompositionen mehr Freiheiten als früher. (...) (Sebastian Fleischer, Ö1)