Saul Williams: voice
David Murray: tenor saxophone, bass clarinet
Orrin Evans: piano
Jaribu Shahid: bass
Nasheet Waits: drums
Sorry this part has no English translation
Eine Entspanntheit und Coolness sondergleichen dehnte sich im Raum aus, als die fünf gediegen gekleideten Herren die Bühne okkupierten. Unter der Leitung einer Lichtgestalt des Jazz: David Murray, einer der bis dato letzten singulären Charismatiker am Tenorsaxophon der, eine pluralistische Spielhaltung mit Selbstverständnis lebenden, dem Free Jazz entwachsenen “Gegenwarts-Jazzbewegung”, zählt nach wie vor zu deren wichtigsten Freigeistern. Der Saxophonist hat einen nach allen Seiten hin offenen “Jazz-Klassizismus” entwickelt, mit dem er nachhallendste Spuren durch die Jazzgeschichte und seinem afro-amerikanischen Erbe gezogen hat und zieht. In diesem Kanon tönt auch sein famoses Infinity Quartet, das mit einem nicht oft zu hörenden Kollektivverständnis brilliert. So geschehen, mit einer sagenhaften Stringenz auch an diesem Abend. Wodurch auch dem Gast, der Poet, Schauspieler, Sänger Saul Williams, ein anregendes Umfeld gegeben war. Seit fast zwei Jahren machen Murray und Williams gemeinsame Sache. Und die Verzahnung von Text und Musik ist gewachsen. Der dynamisch eher moderat vorgetragene Sprechgesang von Williams, mit seinen Wurzeln im alternativen Hip-Hop und Poetry-Slam, verschränkte sich entweder mit den rhythmischen Konturen des Quartetts oder rieb sich an diesen oder tat den Schritt zur Seite. Dann brach die Band ins Unendliche auf. Mit souveräner Geste vollführte Murray den Spagat zwischen Coleman Hawkins-Analogien und dem leuchtenden „Blumenstrauß“ für Albert Ayler. Tonalität und Atonalität, Konsonanz und Dissonanz sind für Murray gleichwertige Ingredienzien der Musik. Mit eben solcher Zwanglosigkeit korrespondierten auch seine grandiosen Partner. Variable Kaskaden von Pianist Evans, geschmeidig muskulöse Vamps von Shahid am Bass und ein wahrlich fliegender, perkussive Explosionen inszenierender Drummer Waits. Darüber konnte Williams gar nicht anders, als dahinsegeln. Mit unverblümten Texten zum Schwarzsein in Amerika, zur Musik, zum heutigen Zustand des Globus oder über abstrakte Bilderwelten. Von enormer Gewichtung der Spannung war auch der von viel Spontaneität und Lockerheit geprägte Diskurs zwischen Text und Musik. Das verlieh dem ganzen Ablauf eine flexible, überraschende Dramaturgie, der Williams als Zugabe, mit einer unbegleiteten Rezitation, ach hätte man doch gerne mehr vom Text verstanden, und seiner Bühnenpräsenz einen weiteren kleinen Knalleffekt hinzufügte. (Hannes Schweiger)
Saxophonist und Komponist David Murray ist überzeugender Vertreter der Post-Albert-Ayler-Ästhetik der NYer Loft Szene der 1970er Jahren. Saul Williams, Dichter, Schauspieler und Sänger, ist mittlerweile eine der großen Stimmen des Alternative Hip-Hop, die durch den Film "Slam" in den Vordergrund der Bühnen befördert wurde. Die beiden trafen sich im Januar 2014 bei der Beerdigungszeremonie des berühmten Aktivisten und Schriftsteller Amiri Baraka (der vor einigen Jahren eine phantastische "Lecture" im P&B zelebrierte). Während dieses Treffens entstand die Idee der Zusammenarbeit. Spannend! CH