Ed Motta: piano, fender rhodes, vocals
Matti Klein: piano, keyboards
Arto Mäkelä: guitar
Laurent Salzard: bass
Yoràn Vroom: drums
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Warum soll man sich eigentlich entscheiden, ob man Gourmet oder Gourmand sein mag? Ed Motta, der große Fusionist aus Rio de Janeiro, ist beides. Im eigentlichen und im übertragenen Sinne. Dem massigen Leib hat der bald 45-jährige Delikatessen „in pornografischen Portionen“ zugeführt, wie er im prall gefüllten Porgy scherzte. Musikalische Feinkost erarbeitet er sich nicht nur selbst mit seiner mitreißenden Fusion aus Brasil, Jazz, Soul und Pop, sondern auch als leidenschaftlicher Plattensammler. Seine Kollektion umfasst mehrere zehntausend Stück. Als Connaisseur lobte Motta bei seinem Auftritt im Porgy & Bess heimische Jazzgrößen wie Fritz Pauer und Hans Koller.
Die zwei Fender-Rhodes-Pianos auf der Bühne signalisierten es deutlich: Es ging zurück zur musikalischen Sprache des Aufbruchs, wie sie Jazz-Fusion und Pop in der Mitte der Siebzigerjahre prägten. Motta ist ein großer Fan der „Adult Oriented Music“, jener Formel, die in den späten Siebzigern entwickelt wurde, um reifere Hörerschichten zu erreichen. Er hat deren sublime Ästhetik auf seinen jüngsten, famosen Alben „AOR“ und „Perpetual Gateways“ (beide bei dem deutschen Label Membran) perfektioniert. Seine sehr wendige europäische Band kam den Studioversionen live durchaus nah. Betörende Melodien und raffinierte Harmonien kitzelten gleich beim Opener „Captain's Refusal“, der Geschichte einer mysteriösen Meuterei.
Sorglosigkeit der Siebziger
Mit kraftvoller, an Stevie Wonder erinnernder Stimme sang Motta im zart groovenden „Smile“ von den Wonnen der Selbstauflösung in Liebeshändeln: „Half of me here, half is lost in your smile“, seufzte er zum sehnenden Satzspiel der Bläser. Zwischen den Songs schwärmte er vom sorglosen Lebensstil in TV-Serien wie „Miami Vice“ und „Magnum“ sowie den noch nicht von Computersounds geprägten Arrangements der Ära von 1976 bis 1982. In „Simple Guy“ träumte er sich, selbst ein Intellektueller, ins Utopia einer Existenz, in der einen nur Liebe und Natur sanft umschmeicheln.
Das Ungemach holte ihn rasch ein. Im jazzigen „Hypochondriac's Fun“ reflektierte er die menschliche Lust am Katastrophengefühl, beschwichtigte wieder in „Good Intentions“, wo sich der delikate Klang des Fazioli-Flügels auf ideale Weise mit einem kunstvoll stotternden E-Piano mischte.
Als wären solche Highlights nicht genug, verwöhnte Motta dann ohne Band. Als Schüler, stets in der letzten Bank sitzend, hatte er einst geübt, Hardrock-Bands mittels Vokalisen zu karikieren. Das Hobby ist ihm geblieben. Nur mit seiner Stimme ließ er Metal- und Funkklassiker auf bizarre Weise auferstehen. Ein im Publikum gesichtetes Black-Sabbath-T-Shirt nahm er zum Anlass für eine brasilianisch gefärbte Version des Doom-Metal-Klassikers „Iron Man“. Im Finale wurde es mit dem patinierten Dionne-Warwick-Hit „I'll Never Love This Way Again“ noch einmal herrlich pathetisch. Ein Fest für weltoffene Ohren!
(Samir H. Köck, "Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2016)
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