Lisa Bassenge: vocals
Jacob Karlzon: piano
Andreas Lange: bass
supported by Superfly.fm
https://superfly.fm/
Sorry this part has no English translation
Das Unerklärliche braucht keinen Plan. Es manifestiert sich von selbst. Die Berliner Sängerin Lisa Bassenge verspürte schon lange das unbeschreibliche Verlangen, etwas ganz anderes zu machen, als man von ihr kennt. Sie ist eine begnadete Songwriterin, und doch wurde sie immer wieder von Melodien heimgesucht, die sie seit vielen Jahren begleiten. Und plötzlich erkannte sie, dass sie sich selbst vielleicht besser denn je im Fremden findet.
Der Albumtitel „Borrowed And Blue“ umreißt bereits das komplette Programm der CD und der Konzerte. „Blue“ beschreibt die Stimmung der unglaublich intimen Trio-Konstellation, in der das Timbre der Künstlerin mit entwaffnender Klarheit zur Geltung kommt. „Borrowed“ bezieht sich auf die Herkunft der Stücke und Lisa Bassenge´s Umgang mit ihnen. Sie entreißt den Schöpfern nicht etwa deren Originale. Auch handelt es sich hier nicht – wie so oft –um zeitgemäße Updates von in die Jahre gekommenen Standards. Nein, ganz still, auf sich selbst konzentriert und ungekünstelt singt eine große Sängerin diese Lieder. Es wirkt, als würde sie vor dem Spiegel stehen, sich selbst ganz tief in die Augen schauen und vorbehaltlos mit ihrer Umgebung teilen, was ihr da begegnet. Obwohl keiner der Songs aus ihrer eigenen Feder stammt, verrät Lisa Bassenge ganz viel über sich selbst. Die Auswahl der Songs zeugt nicht nur von ihrer musikalischen Sozialisation und ihren Vorlieben, sondern ihre Interpretation gibt auch viel über ihre Wahrnehmung und den Einfallswinkel ihrer Sensoren preis.
Aber „Borrowed And Blue“ ist ja nicht im Alleingang entstanden. An dieser Stelle gilt es, das
Augenmerk auf die beiden Kompagnons zu richten, ohne die Lisa Bassenge niemals diese Eindringlichkeit erreicht hätte. Der dänische, in Berlin lebende Bassist Andreas Lang und der schwedische Pianist Jacob Karlzon finden eine geradezu atemberaubende Balance aus solistischer Brillanz, die vor allem in Nuancen aufblitzt, und einer individuellen Zurückhaltung, die sich zu jedem einzelnen Zeitpunkt in den Dienst der Stimme stellt. Gleichzeitig wissen sie Lisa Bassenge´s Gesang in kongenialer Weise zu grundieren, zu triggern und zu pointieren, ohne dabei mit ihrer eigenen Spiellaune hinter den Berg zu halten. Im bewussten Verzicht auf ein Schlagzeug vereinen sich Piano und Bass mit der Stimme zu einer Mischung aus Magie und Poesie. Genau genommen sind diese Songs weit mehr als Coverversionen. Die reduzierte bis verhaltene Grundstimmung dieses Selbstporträts in fremden Liedern ist ein Zeichen des Innehaltens, als würde die Künstlerin gleichzeitig den Rückspiegels einstellen und den Scheibenwischer anschmeißen, damit die Sicht nach vorn und hinten absolut unverstellt ist. „Wir hatten ja schon ein paar Konzerte gespielt“, rekapituliert die Sängerin, „und ich merkte, wie frei ich mich mit Jacob und Andreas fühle. In dieser Konstellation muss ich nichts mehr beweisen und kann völlig angstfrei singen, was ich will. Es ist schön, sich so angenommen fühlen zu dürfen. Die Essenz des Albums ist: Es klingt gut. Nicht mehr und nicht weniger. Manchmal lagert man aber auch bestimmte Aspekte des Lebens in die Kunst aus. Man kann glücklich sein und verlagert die dunklen Seiten des Lebens auf eine Platte. Es wäre ja auch langweilig, wenn alles nur immer ‚happy happy’ wäre.“ Richtig. Wenn man genau hinhört, richtet Lisa Bassenge ihren ganz persönlichen emotionalen Fokus auf die jeweiligen Themen der Lieder. Sie gewinnt all diesen Klassikern etwas ab, dass sie bis jetzt noch nicht hatten. Womit wir wieder bei dem Unerklärlichen wären. Jeder Song wirkt wie ein Fenster in einen bestimmten Bereich des Lebens. Man blickt durch dieses Fenster, ohne immer sofort zu erkennen, was man sieht. Und das ist gut so. Ihre aufs Notwendige eingedampften Versionen kommen ohne Beipackzettel aus. Lisa Bassenge gibt ganz bewusst keine Auslegungen ihrer Interpretationen vor, sondern lädt jeden einzelnen Hörer ein, den Fokus entsprechend seiner eigenen Fasson einzustellen und seine spezifische Lesart zu finden. Gerade die sparsame Instrumentierung mit Bass und Klavier schafft große Assoziationsräume, die sich je nach Tageszeit und Stimmung verändern können.
Die Songs kommen ausnahmslos aus der Vergangenheit, und doch ist „Borrowed And Blue“ ein Album ganz auf der Höhe unserer Zeit. Das liegt vor allem an der Auswahl der Songs und ihrer Umsetzung. Lisa Bassenge und ihre beiden Begleiter setzen sich über alle Kategorisierungen hinweg. Es ist komplett unerheblich, ob man dieses Album als Jazz, Pop, Folk, Chanson, Country, alles zusammen, nichts davon oder vielleicht auch etwas ganz anderes wahrnimmt. Die einzelnen Stücke gehen auf recht unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten aus diversen Epochen und ebenso vielen Genres zurück, unter ihnen George Gershwin, The Beatles, Patsy Cline, Ann Peebles, Billie Holiday, Bill Withers, Paul Simon, Hank Williams, Warren Zevon oder Townes Van Zandt. Den Vorlagen liegen völlig verschiedene, teils gegensätzliche Stimmungen zugrunde, doch Lisa Bassenge schafft es, kraft ihrer Integrität und nicht zuletzt dank der behutsamen Unterstützung ihrer beiden Gespielen, aus diesem Wimmelbild der Einflüsse eine Geschichte mit einem roten Faden zu machen. Am Ende des Tages ist es egal, woher diese Songs kommen. Auf „Borrowed And Blue“ sind sie ganz und gar Lisa Bassenge. (Pressetext)