Fri Jan. 3, 2003
21:00

David Haney plays Herbie Nichols

David Haney: piano

Han Bennink musste aus gesundheitlichen Gründen seinen Auftritt kurzfristig absagen!! sorry!!!

Sorry this part has no English translation

Gäbe es eine Liste der auf tragische Weise übersehenen und unter ihrem Wert gehandelten Künstler, der Pianist Herbie Nichols (1919 – 1963) wäre wohl ganz weit oben einzureihen. Trotz – oder gerade wegen – seiner visionären Kompositionstechnik und Spielweise war Nichols ein durchbrechender Erfolg zeitlebens nicht vergönnt: Aus der Tradition des Dixieland schöpfend experimentierte Nichols – für viele wohl - (zu) früh mit rhythmischen Neuerungen des Bebop und nahm außerdem Anleihen bei der europäischen Moderne, wie etwa Eric Satie oder Bela Bartok. Für diese bahnbrechende Mischung war das Publikum zu dieser Zeit (noch) nicht bereit: zu plötzlich wurden altbekannte Taktschemata und Melodiemuster überwunden, zu radikal verwinkelt waren die rhythmischen Strukturen. Zu etwa gleicher Zeit experimentierte noch ein anderer Pianist mit ähnlichem Material, wurde ebenfalls für „wild“, „verrückt“ oder „abartig“ gehalten und konnte sich erst allzuspät durchsetzten, nämlich Thelonious Monk.
Keiner der beiden Individualisten war Vorbild des anderen, vielmehr verliefen ihre musikalischen Experimente und visionären künstlerischen Ideen parallel, ergänzten einander und veränderten das Ausdrucksspektrum des Jazz für immer.
Nichols´ monumentales, auf über 170 Kompositionen geschätztes Werk – von dem nur wenig erhalten blieb (etwa „Lady sings the Blues“ für Billie Holiday) – wird erst jetzt systematisch aufgearbeitet und gewürdigt.
So nähern sich etwa der Pianist David Haney und Drummer Han Bennink Nichols tragischer Persönlichkeit und seinem Oeuvre mit neuesten Ausdrucksformen, die, mehr oder weniger, direkt auf Herbie Nichols zurückgehen. Dabei treffen wir auf vertrackte rhythmische Patterns, verwoben-geheimnisvolle Tonreihen, lyrische Bögen und verwinkelte Strukturen. Haney und Bennink, zwei Individualisten ersten Ranges, werden an diesem Abend nicht weniger unternehmen, als Herbie Nichols´ Wirken in die Jetztzeit zu extrapolieren. Endlich! (Thomas Haderlapp)