Sun Jan. 5, 2003
20:00

Michael Fischer „WIEN 3“

Michael Fischer: saxophone, violin
Hermann Stangassinger: bass
Hannes Schweiger: drums

Sorry this part has no English translation

Der Stil, den WIEN 3 mit äußerster Sorgfalt pflegt, ist der Freistil. Ein Stil mit Zukunft und
Vergangenheit. Ursprünglich in der afroamerikanischen Great Black Music ästhetisch wie
politisch aufgeladen, legt ihre europäische Tradierung weniger Augenmerk auf (explizite)
Politik, dafür umso mehr auf (experimentelle) Ästhetik. So wurde der „Ocean of Sound“
sukzessive vertieft. Aus beiden Einflüssen schöpft WIEN 3, um daraus etwas Eigendyna-
misches zu mixen, etwas Selbstbewusstes. Besondere Kennzeichen: Respekt, Leidenschaft, Neugier. Das hört man. Was man noch hört: das Wiener Trio kann sich in bemerkenswerter Stille entfalten, es kann aber auch schön laut zur Sache gehen, ganz nach Bedarf. Stimmt erst die Chemie, folgt die Physik auf den Fuß. Das Ziel liegt am Weg, der gemeinsame Strang sichert ihn, der Sound macht ihn schön.
Fischer, Stangassinger & Schweiger leugnen die Herkunft ihrer Musik nicht und sehen den noch keinerlei Veranlassung, den Gral der Gründungsväter bis auf die Zähne bewaffnet zu
hüten. Die komplexe Kunst ihrer Improvisation ist historisch gewachsen, trotzdem hätten
sie jederzeit die Richtung ändern können. Hätten wie manche ihrer KollegInnen mit ähnlichem Background, sagen können: wir tüfteln jetzt auf Elektronisch. WIEN 3 bevorzugt halt die handgemachte Version, das haptische Erlebnis, wenn man so will. Im guten Wissen, dass sich daraus kein Exklusivrecht ableiten lässt. „Mir geht es eher darum, Leuten ans Bein zu pissen, die sowas glauben“, sagt Jim O'Rourke in ähnlichem Zusammenhang. „Ich glaube einfach nicht, dass eine bestimmte Musikform besser als eine andere sein soll, nur weil sie vielleicht strukturell dichter ist oder auf der Zwölftontheorie basiert.“ Hinein in den Hinterkopf damit, und dann WIEN 3 lauschen mit den größten zur Verfügung stehenden Ohren. (Andreas Fellinger)