Thu Dec. 25, 2025
20:30

Kollegium Kalksburg (A)

Wolfgang Vincenz Wizlsperger: Stimme, Kamm, Euphonium
Heinz Ditsch: Stimme, Akkordeon, Säge
Paul Skrepek: Kontragitarre, Stimme

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Sorry this part has no English translation

Nach zehn Jahren wieder im Porgy: Kollegium Kalksburg

Das Kollegium Kalksburg lud zu einer musikalischen Weltreise im Zeichen des kohlrabenschwarzen Wienerherzens.

Im Jazzetablissement Porgy & Bess kitzeln um den Jahreswechsel herum in aller Regel verlässlliche Reize die Trommelfelle. Karl Ratzer geigt seit Äonen zu Silvester auf, Raphael Wressnig quetscht um den Neujahrstag viel Seele aus seiner Hammondorgel. Ja, und die notorisch anarchische Neues-Wienerlied-Kombo Kollegium Kalksburg faltete ewig und einen Tag lang ihr Wienerisches Bestiarium am Christtag aus.

Dann gab es eine Verstimmung und der Brauch war gestorben. Zehn Jahre lang. Zur Erleichterung der Langzeitfans endete diese furchtbare Zeit nun. Was das Kollegium Kalksburg selbst anbelangt, so wird es von einem rätselhaften Mechanismus angetrieben. Da ist immer ein bisserl ein Unfrieden in ihm. Die Herren streiten und z’widern sich verlässlich auch vor Publikum an. Und das seit 28 Jahren.

Notorische Uneinigkeit
Sänger Vincenz Wizlsperger schreibt immer diese hübschen Setlists, an die sich die anderen justament nicht halten wollen. Und täten es die anderen, so würde Wizlsperger abweichen. Die notorische Uneinigkeit brach dieses Mal schon sehr früh aus. Der geplante Opener „Des kaun wos wean“ fiel damit einfach aus. Die Herren begannen mit der Weltuntergangsnummer „Mir hams mein Schrebergarten g’numman“, einst von Walter Pissecker getextet und von Karl Hodina in den Rang eines Klassikers erhoben. Vom Werkzeughütterl bis zum Fliederstammerl, der böse Bagger hat in diesem Szenario so ziemlich alles planiert, was dem Wiener ins Gemüt geht. Wohl auch die Speis, in der Speck und Veltliner-Doppler ruhten. Lauscht man mit dieser Musik besser nüchtern oder doch mit einem kleinen Schwül? Als langjähriger Begleiter der Kombo, die die Gratwanderung zwischen Besinnung und Besinnungslosigkeit so perfekt beherrscht, hat man beides probiert, weiß dennoch keine Antwort.

Aus der Tuba ächzte es
Weiter in die Tiefen des kohlrabenschwarzen Wienerherzens ging es in Trauermarschduktus. Joe Bergers „Couplet“, vertont vom legendären Ernst Kölz, stand auf dem Zettel. Aus Wizlspergers Tuba, die offenbar beim Waschen eingegangen ist, ächzte es gar fürchterlich. Heinz Ditsch, der Mann an der Quetsche, doppelte im feschen Gigerlanzug, was Wizlsperger mit viel Effet herausgurgelte: „Und olle woartn liebevoll auf des, wos kana hot.“

Als Weltreisende in Sachen Elegie wienerte das Kollegium an diesem Abend alles Mögliche ein. Vom Tango eines Carlos Gardel bis zum Jacques-Brel-Chanson „Le Moribond“, vom John-Lennon-Klassiker „Working Class Hero“ bis zur Son-Hymne „Chan Chan“, dem Erkennungslied des kubanischen Buena Vista Social Club. Zu Letzterem startete Paul Skrepek mittels eines Sternspritzers eine filigrane, mechanische Rhythmusmaschine, die faszinierte.

Am Ende war klar, dass es das hiesige Gemüt mit seiner Vorliebe fürs Motschkern, Karniefeln und Ausstallieren auch in internationaler Ausführung gibt. Woanders aufgewachsen hätten diese drei unheiligen Gestalten zu hohem Rang wachsen können. Hierzulande sind sie zum Grundeln verurteilt wie weiland der Weihnachtskarpfen. Schade, aber schön. (Samir H. Köck, Die Presse 27. Dezember 2024)